Aus: Adat-Häuser - Kunst und Leben
  

Buchseite 143kerbau Büffel am HausViele der großräumigen Adat-Häuser werden noch bewohnt. Allerdings lebt nicht mehr, wie früher, die erweitere Familie, d.h. bis zu vier Kernfamilien, in dem einzigen Raum. Auch gibt es seit der holländischen Kolonialverwaltung zwecks Brandschutz separate Küchenanbauten. Entsprechend der Verordnung erhielten fast alle Adat-Häuser am hinteren Hausteil diesen ebenfalls auf Pfählen errichteten Zusatzraum, der von innen durch eine Hintertüre des großen Wohnraumes betreten werden kann.

 

Zusätzlich führt eine zweite Türe über eine leiterartige Treppe vom Küchenanbau direkt ins Freie. Sie wird im Gegensatz zu der niedrigen Haupteingangsluke im Alltag bevorzugt benutzt, da sie das Tragen von Töpfen, Wasserbehältern und Feuerholz auf dem Kopf beim Eintreten ermöglicht. Innen befindet sich die offene Feuerstelle mit drei hineingelegten Steinen oder ein Aufsatz aus Eisenstangen zum Halten der Kochtöpfe. Eine darüber hervorragende Ablage in Kopfhöhe dient zum Aufbewahren der rußschwarzen Töpfe und zum Trocknen des Feuerholzes. Viele Familien leben und schlafen lieber direkt neben dem wärmenden Feuer in den schwarz patinierten Küchenanbauten als in dem kühleren Wohnraum. Letzteren nutzen sie hauptsächlich für große Familienfeiern und Versammlungen.

Die Dachbedeckung aus Lagen von meterdicken schwarzen Palmfasern oder alternativ aus gebrannten Ziegeln wurde fast überall durch Wellblech ersetzt. Damit büßte das Dach viel seiner angenehmen Fähigkeit der Luftzirkulation und des Temperaturausgleiches ein. Außerdem entsteht bei den starken tropischen Regenfällen lauter, metallener Lärm und wird das Material - bedingt durch umweltverschmutzten Regen - sehr schnell porös. So verblaßt viel der Stimmung der einstigen Sakralität des oberen Stockwerkes.

Moderne Schränke im Wohnraum haben die traditionellen Truhen und Körbe als Stauraum verdrängt, jedoch sind keine Polstermöbel eingekehrt. Denn nach wie vor leben die Batak - sofern sie in den Adat-Häusern wohnen - auf dem Holzboden, den sie mit geflochtenen Matten bedecken.

Wo sich Wohnraum und das steile Hausdach überschneiden, etwa in Höhe eines gestreckten Armes, wird beim Bau über die ganze Längsseite des Hauses eine Querplanke eingehängt. Sie dient bis heute bei Zeremonien als oberer, längs laufender Opfertisch für die Darbietung ritueller Gaben. Derart nahe an die Oberwelt heranreichend, verdeckt im Dunkeln und vom menschlichen Auge kaum mehr sichtbar, sollen sich die Ahnen und Götter ungestört davon nehmen können.

Nach wie vor werden zur Nacht unter dem Haus Büffel, Schweine oder Ziegen diebstahlsicher eingesperrt, wo sie dem Menschen ihren wertvollen Dung für seine Felder hinterlassen. Sie gehören symbolisch zur feuchten, fruchtbaren, sich erneuernden Unterwelt.

Singa am Batak-HausDoch ist es allgemein unmodern geworden, in diesen einfach ausgestatteten Häusern zu leben. Oftmals stehen sie leer und verfallen oder dienen - halb zerfallen - nur noch der Pflicht zum Markieren der einstigen Residenz eines Vorfahren. Andere Eigentümer modernisieren dergestalt, daß sie das Haus in Annäherung an seine traditionellen Proportionen aus Beton nachbauen und ein paar originale Hauptpfosten als ‚Erbschaft’ integrieren.

Einige besonders gestaltete, beschnitzte und bemalte Häuser sowie ein ganzes Dorf sind auf Samosir museal konserviert worden, wobei in der Regel seine Besitzer oder verwandte Pächter darin wohnen. Anders verhält es sich jedoch mit den einstigen Reisspeichern. Diese Lagerhäuser und offen gebauten Versammlungsstätten haben ihre Funktion verloren und sind fast alle in sich zusammengefallen und verrottet. Ihre besondere Konstruktionsweise ist verlorengegangen, so wie auch das allgemeine Schreiner- und Tischlerkönnen zur Neige geht. Sollen für einen Neubau Handwerker gewonnen werden, wie 1997 für den Nachbau des Adat-Hauses von Großmutter Ompung Roma Boru Malau, sind nur noch wenige Spezialisten aus dem Hinterland zur ursprünglichen Herstellungs- und Holzbearbeitungsweise fähig.

Die traditionelle Gestalt des Batak-Hauses wird heutzutage am häufigsten dann herangezogen, wenn es um den Verbleib der Knochen und Schädel in den Grabmonumenten geht. Meist ist das Gebeinehäuschen eine getreue Nachbildung eines farbig gestrichenen Adat-Hauses.