Nach 21 Jahren als holländischer Missionar in Indonesien im Batak-Land!
Der Kapuziner Mönch Pastor Leo Joosten führt in einem umfassenden Interview Aspekte aus wie:
- Toba-Bataksche Mentalität
- Was den katholischen Glauben attraktiv macht
- Missionserfolg und die Bedeutung von Schweinefleisch
- Animistische Riten und Katholischer Glaube
- Ähnliche Symbole in Batak-Tradition mit Christentum
- Lage der Frauen
- Gottesvorstellung
- Arbeit als Kapuziner-Missionar
- Was ihn persönlich beschäftigt
Foto: KOMPAS Okt. 2002
Ergänzung: Wörterbuch: Batak - Bahasa Indonesia
Pater Leo Joosen hat 2002 das Wörterbuch der Toba-Batak Sprache ins Indonesische fertig überarbeitet und herausgegeben. Es orientiert sich an der Vorlage von Johannes Warneck Kamus-Batak - Belanda von 1905.
Gleichzeitig hat er - wie schon lange gewünscht - die Indonesische Staatsbürgerschaft erhalten.
Mit dem Titel: Leo Joosten. Pembuat Kamus Batak berichtet die Zeitung KOMPAS drüber; allerdings auf Bahasa Indonesia.
>>> terus ke majalah KOMPAS
DAS INTERVIEW: Joosten OMF Cap
>>> Zum vollständigen Interview mit L.Joosten als pdf-download (75 kb)
Auszüge:
Wie kam es zu dem Missionserfolg der katholischen Kirche unter den Toba-Batak? Was ist Ihr persönlicher Eindruck?
An erster Stelle würde ich vielleicht die Beibehaltung des Schweinefleisches nennen. An zweiter Stelle steht die enge Übereinstimmung des adat [überlieferte Rechts- und Sittenform] mit dem Alten und Neuen Testament. So gibt es im überlieferten adat auch 10 Gebote, wie z.B. nicht zu stehlen, nicht zu töten. Und drittens gab es zu Beginn eine enge Zusammenarbeit mit der holländischen Kolonialverwaltung und den Missionaren.
Früher wurden diejenigen, die zum Christentum konvertierten, von der Zwangsarbeit befreit. Besonders wichtig war für die Batak der Fortschritt, der mit Bildung einherging. Die Kirche ist aufgrund der Schulen, die sie einrichtete, gut angekommen. In der Kolonialzeit waren die Schulen sehr berühmt.
Woher kommt die Ähnlichkeit und Parallelität der Riten. Ist das ein Zufall?
Sehr viel im Christentum kommt aus der vorchristlichen, heidnischen Zeit. Weihnachten war zuvor ein Lichterfest und Weihrauch ist auch uralt. Wenn man sich dafür interessiert, kann man die Riten der Batak mit den christlichen zusammennehmen, das ist inkulturativ. Das wollte ich untersuchen und ausprobieren. Sie sind so symbol-empfänglich. Ich will von ihnen lernen und etwas mit ihnen zusammen machen. Auch die batakschen Sprichwörter und Lebensweisheiten sind sehr schön. Wasser ist bei beiden so bedeutend und das rumah tondi ; das Verteilen von Reis und Kuchen ähnelt dem Ver-teilen von Brot im Christentum. Es gibt so viel Ähnliches.
Würden Sie sagen, die christlichen Riten sind den Batak aufgrund ihrer alten Religion sehr vertraut?
Ja, Ja. Deshalb ist es für die Batak nicht schwierig Christen zu werden. So viele Symbole sind ähnlich. Die Menschen hier sind äußerst symbol-fühlig, wirklich sehr. Das WORT ist auch im Christentum sehr wichtig, Gottes WORT schuf die Erde.
Schweinfleisch ist jedoch für die Batak von ganz besonderer Bedeutung. Bedenken Sie das Verteilen der Anteile bei großen Versammlungen und den Adat-Zeremonien, das jambar, wo ein jeder seiner gesellschaftlichen Position bedacht wird .
Pastor Leo, stellen sich denn die Leute hier unter Gott eine Person vor, einen alten Mann, einen Einzigen oder eher einen Ahnen? (Oder ist gar nicht bekannt, wie sie ihn sich vorstellen?)
Sie denken nicht über Gott nach. Gott ist etwas, das über allem steht und nicht viel Einfluß im alltäglichen Leben hat. Sie denken mehr an die marga [Sippe, Klan]. Sie sagen: „Debata, debata!“ „Oh mein Gott, mein Gott“. Mentale Fragen über Gott sind nicht angesagt. Selbst indonesische Theologen haben wenig Interesse an diesen Fragen. Die theologische Ausbildung in Pemantang Siantar ist mehr auf die Ausbildung von Schwestern gerichtet. Gott steht einfach FEST für die Menschen hier, Gott und Glaube ist etwas Allgemeines.
Die Menschen hier fragen sich nicht: Gibt es einen Gott oder nicht? Das ist eine westliche Fragestellung. Vielleicht wird die Frage in 30 Jahren von Bedeutung, denn der Einfluß aus Europa ist sehr groß.
Batak haben die Möglichkeit, ihre Gefühle gemeinsam auszudrücken.
Ja, sehr. Auch die Lebensweisheiten in den Sprüchen sind so schön; und das gondang [Trommelorchester] hat gar kosmischen Einfluß.
Hier wird nicht getrennt und analysiert. Wir sind analytisch - hier ist man mehr zusammen.
Die Batak haben noch Respekt vor alten Menschen; die Alten besitzen sahala [Geist, Lebenskraft], man ehrt sie. In Holland kommt man ins Altersheim und wird aufbewahrt. Hier ist es schöner für alte Leute. Sahala gefällt mir. Menschen, Tiere und Pflanzen haben tondi [Seele] – das ist schön, das ist franziskanisch – alles hat etwas von Gott.
... Batak machen viel mit Wörtern wieder gut und wenn etwas sehr schwierig wird, sagen sie: Olo, olo, „Ja, ja“. Wir hören immer nur olo, olo, als könnte man mit Wörtern alles wegreden und gutmachen. Sie wollen nichts Schwieriges hören. Wenn man sie fragt, ob sie morgen kommen werden, sagen sie auch „Ja, ja“, aber sie kommen nicht! Hiermit tue ich mich schwer.
Setzt sich die Kirche nicht dafür ein, daß der Ehemann bei seiner Frau bleibt, auch wenn sie ihm keinen Sohn geboren hat?
Ja, sehr. Aber es gibt auch Frauen, die ihren Mann ermutigen, sich eine zweite Frau zu nehmen, weil sie sich schämen, keinen männlichen Nachkommen zu haben.
Pastor Leo, gibt es einen Heiratszwang? Was ist, wenn jemand nicht heiraten will?
Ja, der Heiratszwang ist sehr stark. Das ist sehr schlimm. Sie sollen immer pahompu , ndang hase hasea sein. Nicht verheiratet sein, heißt, kein Mensch mehr zu sein, selbst wenn man noch lebt. Das gilt für 40-Jährige und darüber besonders. Manche leiden darunter, sie kommen deshalb oft zu mir.
Batak hören aus anderen Ländern, daß man auch unverheiratet ein Mensch sein kann, besonders die nach Java migrierten begreifen das schon eher. Im allgemeinen muß man hier aber heiraten. Früher wurden sie gezwungen.
Fühlen sie sich selbst in einem Konflikt? Wollen sie als christlicher Pastor mit Kulturbewußtsein die alten Riten erhalten aber nicht unterstützen?
Ja, das ist für mich persönlich alles sehr schwierig. Ich habe noch nicht ganz klar, was richtig ist. Die Leute sind eigentlich frei.
Ich habe mich durch das lange Hiersein, durch die Beziehungen, das Sehen und Beobachten geöffnet. Und besonders durch das Hinhören. Ich glaube, ich sündige, wenn ich das nicht würdige. Früher, wenn ich an die Kolonialzeit oder die Weltgeschichte denke, da war die Kirche sehr fanatisch und so voller Hass. Früher gab es so viel Krieg unter den Christen. So wollte ich nicht sein. Doch meine ich nicht, ich hätte mehr Wahrheit als die anderen.
„Nicht ich bin euer Lehrer“ sage ich zu den Leuten, „ihr seid meine Lehrer“ sage ich. Denn so fühle ich. Ich achte alles, was die Leute als wahr und wichtig empfinden. Früher wurden die animistisch Aktiven, die an Trancefesten beteiligt waren, nicht christlich beerdigt. Aber wir schließen niemanden aus der Kirchengemeinschaft aus. Nur das Amt von Vorstehern können sie nicht ausführen. Alles Wahre, das aus dem Herzen kommt, will ich würdigen und ehren, auch wenn einige hier halb Animisten und halb Christen sind.
>>> Vollständiges Interview als pdf-download (75 kb)
Die Fragen stellt Christine Schreiber in der Pfarrei Paroki St. Mikhael in Pangururan, Nordsumatra am 13. August 1992.
Veröffentlichung obiger Auszüge und des Gesamt-Interviews im März 2009 exclusive auf www.sidihoni.com