Vorgetragen von Christine Schreiber, 28.01.2006
SIDIHONI. Das ist ein fremder Name. Er klingt so ähnlich wie Synphonie… Ja, wie eine Mischung aus Leben, Herzblut und Wissenschaft.
Sidihoni - Perle im Herzen Sumatras
Das ist ein literarischer Titel, er bezeichnet das Kostbarste im Zentrum Nordsumatras. So heißt der See auf einer im Hochland gelegenen Insel. Und diese Insel liegt wiederum in einem Hochlandsee, einem riesigen Vulkansee auf rund 1.000 m Höhe.
Diese Insel wurde soeben von unseren Batak-Gästen besungen: "Oh Pulau Samosir, oh schöne Insel Samosir…"
Fünf Jahre habe ich an dem Buch gearbeitet. Seit über 20 Jahre kenne ich Indonesien.
Das erste Mal war ich dort 1982, noch vor meinen Studium. Seither habe ich Java, Sumatra und die Insel Nias ausführlich kennengelernt. Ich habe die hindu-javanische Kultur, das islamische Leben, aber auch das altindonesische Leben der Megalithenkulturen auf der Insel Nias, in Sulawesi und bei den Batak kennenlernen können.
Das einfache dörfliche Leben, die traditionellen Riten, der Umgang der Menschen miteinander dort, der Respekt vor Älteren ….all das hat mich ganz besonders beeindruckt. Und überall habe ich sehr offene, freundliche Menschen kennengelernt.
Doch das Hochland der Toba-Batak auf Sumatra, das hat mich nicht mehr losgelassen.
Der Weg zum Buch Sidihoni
Eigentlich wollte ich nur eine kleine Broschüre schreiben über meine Forschungen und Erfahrungen auf Samosir und was ich dort von den Menschen bei meinen vielen Aufenthalten gelernt habe. Als ich mein Manuskript Fachkollegen, Professoren und befreundeten Batak zeigte, wurde ich aufgefordert und ermutigt, mehr zu schreiben und „nachzufüttern“. So wurde es immer umfangreicher.
Das Buch ist keine Doktorarbeit: denn dann wäre es kaum lesbar gewesen. Es war ein guter Rat meines Professors Bernd Jürgen Warneken von der Empirischen Kulturwissenschaft in Tübingen, das Buch außerhalb des engen Rahmens der Universität zu veröffentlichen. Er hatte damals gesagt: „Du arbeitest anders, Christine, freier, lebendiger…“. Er hatte recht, ich bin eher eine frei arbeitende, künstlerische Wissenschaftlerin.
Mir ist aufgefallen, daß es kaum Fachbücher gibt, die das gegenwärtige Leben dort beschreiben. Meist wird auf uralte Quellen zurückgegriffen und ein verzerrtes Bild der Batak-Kultur entworfen. Ich wollte etwas Aktuelles erschaffen, das aber auch in die Tiefe geht. Ich finde, das Buch ist eine Mischung geworden von Wissenschaft, persönlichem Bericht und Bilderbuch. Es gibt den einen die Möglichkeit, bis in philosophische Tiefen vorzudringen, und es gibt den anderen die Möglichkeit, selbst dorthin zu reisen und das Dorf mit meinen Adoptiv-Eltern aufzusuchen. Wer möchte, braucht sich auch nur die Photos ansehen und bekommt schon einen Eindruck, wie die Batak in ihrem Heimatgebiet leben.
Ein kleines Dorf in Indonesion
Ich berichte vom Hinterland der Batak, von den kleinen Dörfern im Hochland, wo es noch keine Wasserleitung und meist keinen Strom gibt. Wo sich die Menschen vom See oder dem Fluß versorgen. Es gibt auch Batak, die modern in den Städten leben. Es gibt Batak, die studieren und hier unter uns als Ingenieure arbeiten. Wenn ihr, die hier beim Fest anwesenden Batak, das Buch anseht, dann seht ihr sicher Eure Großeltern vor euch. So wie sie gelebt haben, so beschreibe ich es im Buch. Damit ist das Werk auch eine Erinnerung und Würdigung an diese alte Zeit.
Ich bin aber auch traurig, weil meine Adoptiveltern nicht anwesend sein können. Sie leben sehr einfach und sind schon sehr alt und gebrechlich. Dafür ist es mir eine Freude, daß ich mit meiner treuen Begleiterin Britta Höckh im Mai diesen Jahres dorthin reisen kann, um ihnen das Buch persönlich zu übergeben. Wir freuen uns, daß unsere Arbeitgeber uns hierzu den passenden Urlaub gewähren.
Falls also jemand von Euch vorhat, in nächster Zeit dorthin zu reisen, dann gebt mir vorher Bescheid. Ich möchte Euch Briefe und Geschenke für meine Adoptiveltern mitgeben.
Ihr merkt, ich arbeite anders als gewöhnliche Anthropologen. Ich nenne euch die Namen der Beteiligten und habe im Buch sogar Karten gezeichnet, um den Ort zu finden. Wenn ihr dort seid, trinkt vom dem guten Kaffe und schlaft in unserem gemeinsam erbauten Haus.
Ich habe parallel zum Buch eine Internetseite eröffnet, darin möchte ich Eure Kommentare zum Buch und Fest sammeln. Eure Meinung ist mir wichtig!
So möchte ich bald nach dem Fest mit Hilfe von Sabine Reinhard, einer freien Journalistin, eine Reportage zum Fest erstellen und mit Photos ins Netz stellen. Sigrun Karlisch ist die Webseiten-Programmiererin und wird unser Material in die dynamischen, barrierefrei gestalteten Webseite hineinstellen.
Rot und das Huhn
Ich wurde gefragt: Warum ist hier überall das Hühnchen? Es ist ein Glückszeichen und ein Logo. In der alten Mythologie gibt es einen großen Baum. Er verbindet die drei Welten. Seine Krone ragt in die Oberwelt und darin lebt ein Huhn. Es legte drei Eier und aus den drei Eiern schlüpften drei Götter. Diese schufen mit einer Göttin später die Erde und was wir hier kennen. Viele haben auf diese drei Gottwesen geschaut und darüber wissenschaftliche Bücher geschrieben. Ich aber schaue auf das Huhn. Keine Götter ohne das Huhn! Kein Batak-Volk ohne die Frauen! Das ist meine Homage an die Batak-Frauen.
Das Huhn ist rot. Dieses dunkle Rot steht für all Mut, den ich brauchte, um das gesamte Projekt SIDIHONI anzugehen.
Das Huhn ist auch rot wie eine reife Kaffeekirsche. Ich habe einen Traum: eines Tages soll es SIDIHONI-Kaffee geben. Sidihoni produziert Spitzenkaffe in höchster Qualität, aber die Menschen dort bekommen kaum Geld dafür. Es wäre so schön, wenn die Menschen eines Tages ihren Kaffee zu einem FAIREN Preis verkaufen könnten. Deshalb das rote Huhn im Ei…unserem Aufkleber.
Das Huhn erinnert auch an die alte Religion, die es vor dem Christentum gab. In manchen Heilritualen werden auch heute noch von SchamanInnen die Ahnen gerufen. Mich persönlich spricht das sehr an. Als Religionswissenschaftlerin darf ich mich mit den alten Wurzeln beschäftigen und muß ich mich zu keiner Religion bekennen.
In meinem Buch seht Ihr immer wieder den gleichen Berg
Es handelt sich um den Nabel-Berg Pusuk Buhit. Ich kann mich nicht an ihm satt sehen, ich hätte ihn gerne hundert Mal im Buch abgebildet… von allen Seiten….
Er ist der Ursprung des Batak-Volkes. An diesem Berg habe ich als junge Frau geträumt, und das hat mein Leben tief verändert. Wie genau, das müßt ihr nachlesen, das kann ich nicht erzählen. Aber ich bin dafür immer dankbar.
An dem Berg lebt die Göttin der alten Religion. Ich habe das Gefühl, sie hat mich gerufen oder beauftragt. Das ist meine Motivation für mein Engagement.
Sie ist mir eine Helferin gewesen. Ihre sichtbare Form ist der Berg. Und sie hat mir so viele weitere HelferInnen geschickt: Bei der Buchproduktion, beim Schreiben…ich habe so viel freiwillige, herzliche Unterstützung von lieben Menschen hier erhalten.
Ich liebe auch die anderen Landesteile von Indonesien, ich habe dort als Studienreiseleiterin gearbeitet und das Land mit dem Rucksack bereist. Bei den Batak hat mich immer ihr direkter Umgang untereinander und mit ihren Verstorbenen so fasziniert. Ich fühle mich dort wohl. Batak sind laut und heftig, aber sehr sehr voller Gefühl. Sie haben, genau wie ich, Sehnsucht nach ihrem Land und singen bis sie Weinen. Vielleicht ist meine Seele auch ein Stück weit batak-indonesisch. Ich habe mich in diese Gegend verliebt.
Deshalb der Titel: er ist literarisch, er soll die Sehnsucht ausdrücken.
Das Buch soll lehrreich sein
15 - 20 Jahre Material sind drin verarbeitet. Deshalb hat es eine spezielle Form bekommen. Es ist wie ein bataksches Adat-Haus entstanden, das ich in Sidihoni mit seinen Bewohnern zusammen gebaut habe. Das Grundgerüst ist noch immer sichtbar.
Und als es fertig war, wollte ich keinen Kompromiß. An dieser Stelle möchte ich herzlich meinem Verleger Dr. Burkhardt Fehrlen aus Tübingen danken. Er hat mit mir das Buch genau so produziert hat, wie ihr es seht. Da wurde nichts gestrichen, nichts umgestellt und alle Bilder folgen dort, wo sie hingehören. Herr Staschik von der Druckerei UWS hat einige alte, zerstörte Dias, die schon Unfälle hinter sich hatten, wieder repariert und überarbeitet. Sonja Schmolz hat für das Buch-Cover sieben schöne Entwürfe erstellt. Am liebsten hätte ich sieben Bücher geschrieben: Für jedes Cover eines….
Ich bin sehr froh und stolz über diese Produktion. Das ganze wurde zu fairen Kosten in hiesiger Regionalproduktion hergestellt.
Zum Buchfest - Danksagungen
Ich habe die Forschung und die Aktivitäten in Indonesien mit Engagement durchgeführt, die aus dem HERZEN kommt. Und genau dieses darf ich jetzt umgekehrt erleben: freies Engagement aus dem Herzen der hier anwesenden Gruppen und indonesischen Freunde. Ich bin sehr stolz auf Euch alle, auf Eure Festbeiträge, Eure Auftritte und die vorbereiteten Gerichte.
Ich glaube, das Buch wirkt schon. Es bringt Menschen verschiedener Kulturen zusammen, die sich auf ihre Tradition besinnen. Unter uns sind meine Freunde der bretonischen Tanzgruppe. Auch diese Gäste sind hier aus Freude und werden frei aus dem Herzen musizieren und miteinander tanzen. Ich danke Euch allen, im Namen der Göttin vom Berg.
Besonderen Dank möchte ich meiner Partnerin Kakak Bertha Sidabutar Schmidt aussprechen. Wir haben uns 1990 bei der großen Batak-Ausstellung im Lindenmuseum Stuttgart kennengelernt. Seither verbindet uns das gemeinsame Interesse, traditionelle Kultur lebendig zu erhalten und verschiedene Kulturen zusammenzubringen. Sie pflegte im Hintergrund des Festes die Kontakte, übernahm Organisation und Koordination. Ohne sie und Ito Sianturi hätte es dieses Fest nicht gegeben.
Ebenso möchte ich mich ganz besonders bedanken bei meiner Lebensgefährtin Britta Höckh, die all die Jahre das große Sidihoni-Projekt tatkräftig unterstütze.
Kulturelle Beiträge zum Sidihoni-Fest
Für die heutigen kulturellen Beiträge möchte ich mich herzlich bedanken bei
- dem Herrn Generalkonsul M.A. Dalimunthe mit seiner Familie für seine Grußworte.
- Indonesischen Frauen aus verschiedenen Städten Süddeutschlands für Ihren Gesang und die Buch-Taufe.
- dem Chor PERKI unter Leitung von Paul Bawole. Sie sind die „Gemeinschaft der Indonesischen Christen“ und singen Lieder aus verschiedenen Landesteilen Indonesien. Ich möchte insbesondere ihr unermühtliches Engagement für die Opfer des Tsunamis erwähnen, das sie mit Auftritten für die Landeskirche Baden-Württembergs und persönliche Betroffene leisteten.
- Herrn Ebenetzer Tampubolon an den Keyboards aus München mit seiner Gruppe „International“ „Namagoar“.
- Yanti Susanto mit Mitgliedern ihrer Tanzgruppe Kridha Budaya Sari aus Stuttgart, bzw. dem Makal City Theater. Sie führt mit dem von ihr ausgebildeten Nachwuchs traditionelle Tänze aus Java und Bali auf.
- Gruppe Hanna Sihombing & Teman2nya aus Stuttgart mit Liedern verschiedener Landesteilen Indonesiens .
- Es begleiten indonesische Freunde und Freundinnen an verschiedenen Instrumenten, darunter Edy Rahardjo.
- Anna, einer leidenschaftlichen Theologiestudentin, für ihr Abendgebet.
- den FreundInnen der bretonischen Tanzgruppe Tübingen für ihren Auftritt in mittelalterlichen Gewändern und gemeinsamen Tanz mit unseren Gästen unter der Leitung von Dieter Schmid und Marlis Christman.
- Revital Herzog aus Gomaringen bei Reutlingen für ihre Begleitung am Akordeon .
- Margit Böse aus Tübingen, für bretonische Begleitung am Akordeon.
- Familie Schall als Pächter des Raumes für hervorragenden Service und Organisation.
- Herzlichen Dank an alle Gäste aus Konstanz, Karlsruhe, Stuttgart, Münster, Nürnberg, Heilbronn, München, Freiburg, Tübingen und Wurmlingen sowie den Pressevertretern für Euer Kommen.
Ich wünsche Euch allen Freude, Spannung beim Lesen des Buches, heute Nacht eine sichere Heimfahrt, und bedanke mich für Eure Beiträge und Unterstützung. Habt ein schönes Fest.
Mauliate Godang
Terima kasih banyak
HORAS
HORAS: das bedeutet auf batak: Möge euer Lebensgeist kühl und stark bleiben. Möge es Euch wohl ergehen!