Die Exhumierung bzw. Bergung der Gebeine bereits Verstorbener ist ein besonderes soziales Ereignis und dem Zweitbestattungsfest vorgelagert. Lineageweise oder im größeren Familienverband versammeln sich die Angehörigen samt ihrer Hula-Hula (Frauenspender) und Boru (Frauenempfänger) zu gemeinsamem Essen, Gebet und Opfergabendarreichung an die Verstorbenen, um sich anschließend zusammen auf die Suche der Erstbestattungsstätten ihrer Verwandten zu machen.
Diese können - manchmal seit mehreren Generationen - ohne auffallende Markierung inmitten der Kaffee- und Nelkengärten liegen oder in einem modernen Familiengrab aus Beton gelagert worden sein.
Die Ältesten identifizieren die Stellen und nach der Erlaubniserteilung durch die direkten Nachfahren beginnen die Boru mit der Grabung. Um das Erdloch scharen sich die Dorfbewohner einschließlich der Kinder, um mit Spannung die Entdeckung der ersten Gebeine mitzuerleben. Eine weibliche Boru, z.B. eine Urenkelin des Verstorbenen, kniet nahe am Rand der Grube, um in einem weißen Ehrentüchlein die ersten Knochen, bevorzugt die des Schädels, entgegenzunehmen. Wird aufgrund zu starker Verrottung kein Stückchen Knochen mehr gefunden, kann stellvertretend von der dunkleren, humushaltigeren Erde oder eine eventuell zum Vorschein gekommene Grabbeigabe genommen werden. In der Regel gibt die Erde die reinen Knochen wie bei einer archäologischen Ausgrabung frei. Von erst kürzlich Verstorbenen, vielleicht vor ein bis zwei Jahren, stößt man auf ihre Holzsärge, die aufgehauen werden müssen, um an die menschlichen Überreste zu gelangen. Dies ist die Aufgabe der männlichen, oft noch unverheirateten Enkel. Sie schälen die Knochen an Ort und Stelle frei von restlicher Kleidung oder von Haupthaaren, wobei durch die feuchte Tropenwärme das Fleisch meist schon verrottet ist.
Beim Auffüllen der Grube wird eine ein bis drei Meter hohe Bananenstaude zum Anwurzeln in die Erde gesetzt. Nach zwei Jahren trägt sie Früchte und schiebt zahlreiche vegetative Sprößlinge, so wie die Nachfahren es bei sich selbst gerne sehen würden.
Andere Verstorbene werden aus Betonmausoleen geborgen. Nach dem Aufmeißeln ihrer Öffnungen kriechen die Helfer hinein zu den darin gelagerten Holzsärgen meist mehrerer Familienangehöriger mehrerer Generationen. Im trockenen Innern dieser Grabhäuser herrschen andere mikrobische Verhältnisse, so daß erst jüngst Verstorbene noch am Vermodern sein können. Modern gewordene, chemische Konservierungsmethoden halten den Verfall zusätzlich auf. Die Exhumierung dieser noch nicht komplett bis auf die Knochen verrotteten Verstorbenen ist im Vergleich zur jahrhundertealten Tradition eine Neuentwicklung und entsteht aus einem modernen gesellschaftlichen Drang zur Eile. Gewiß stellt sie eine besondere, auch psychische, Herausforderung an die Anwesenden dar.
Die Frauen nehmen an den Grabstellen alle auffindbaren Knochen entgegen, reinigen und färben sie mit Gelbwurzel zur anschließenden, gemeinsamen Ausstellung der Gebeine aller Exhumierten auf dem Dorfplatz. Besonders würdevoll und aufmerksam werden dabei die Schädel behandelt. Mehrmals streichen die Frauen beim Herrichten mit ihrer Handinnenfläche über die Schädeldecken ihrer Eltern und Großeltern und fahren anschließend über ihr Gesicht, um sich deren Segen- und Ahnenkraft, das Sahala, einzuverleiben.
Heute beherrschen nur noch ganz wenige, alte Frauen den traditionellen Klagegesang mit Bruchstücken der altbatakschen Sprache. Sie begleiten das Bergen und Reinigen der Gebeine, das phasenweise durch christliche Gebete und Liturgie abgelöst wird. Sollten hierbei Verwandte in starke Traurigkeit fallen, kümmern sich die Anwesenden sofort mit wiegenden und streichelnden Umarmungen um jene, und wie in fast allen Lebensbereichen erleben die Kleinsten in ihren Tragetüchern alle Aspekte mit.
Die gefärbten, sortierten Knochen werden einen Tag vor dem großen Bestattungsfest personenweise in blau-schwarze traditionelle Webereien, die Ulos, gewickelt. Die Bündel mit den Überbleibseln der Verstorbenen werden alle ins Stammhaus des Lineage-Ältesten getragen und unter Anwesenheit ihrer näheren Verwandten in einer gemeinsamen, festähnlichen Veranstaltung in ihre jeweiligen Miniatursärge gebettet.