Die Wochenmitte hebt sich durch den Besuch des zentralen Marktes im circa sieben Kilometer entfernten Ort Pangururan an der Küste der Insel Samosir hervor. Der Markttag ist das wichtigste Ereignis zwischen den eintönigen Wochentagen, an denen die gewöhnliche Haus- und Feldarbeit unter großem Kraft- und Zeitaufwand geleistet wird. Jeder Erwachsene, sofern er nicht schwer erkrankt ist oder in ungewöhnlicher Problemlage steckt, beabsichtigt, den Markt zu besuchen, denn neben dem eigentlichen Handelsgeschehen ist er Informationsbörse, Präsentationsforum und willkommene Abwechslung.
Der eigentliche Handel dient den bäuerlichen Kleinerzeugern zum Erwirtschaften von Bargeld für Gebühren an Schulen und Universitäten, der Deckung des Bau- und Werkzeugbedarfs, dem Kauf von Medikamenten, Dünger und Saatgut und zur Deckung des Bedarfs nicht selbst angebauter Grundnahrungsmittel. Gleichzeitig werden administrative Gänge, Zahlungen oder Kreditaufnahmen bei Banken erledigt, Besuche vorgenommen und dabei persönliche Einladungen für große Ehrenfeste überbracht oder der Pfarrer konsultiert.
Gerne wurde von den Frauen in Sidihoni die regelmäßige, allwöchentliche Begleitung und tatkräftige Unterstützung durch ihre neue Schwester und Klantochter angenommen. Die Säcke voller Ernte - meist Kaffee - wurden über verschiedene Stationen hinweg zum zentralen Wochenmarkt transportiert, wo anschließend stundenlang mit weiteren Kleinbäuerinnen, Aufkäufern und Exporteuren um einen akzeptablen Erlös gerungen wurde. Er mußte reichen, um damit noch am gleichen Tag die Güter des täglichen Bedarfs für die kommende Woche bei den Kleinhändlern zu erwerben. Grundnahrungsmittel wie Eier, Speiseöl und verschiedene Gemüsesorten oder die Sortimentnachfüllungen für kleine Kioske wurden bis zum Abend mit Hilfe überfüllter Busse auf den Berg hinauf gebracht, wo die Vorräte die kommende Woche zu reichen hatten.
Die Autorin konnte dabei Träger- und Einkaufsdienste leisten und zugleich die Arbeitsweisen und weitreichenden Handelsmuster der Händlerinnen und Zwischenhändler kennen lernen. Dies gab ihr Einblick in komplexe Marktmechanismen, wie die Verflechtung von häuslicher Produktion mit regionaler und überregionaler Wirtschaftsstruktur und internationalem, börsenbestimmten Handel der Agrarprodukte. Denn nationale Monopolstellungen und internationale Preisentwicklungen wirkten direkt auf die Planungen, Investitionen, Einkommen und Arbeitsanforderungen der einzelnen Bauernfamilien zurück und sind ihnen durchaus bewußt.
Der Wochenmarkt ist Hauptumschlagsplatz für alle Arten von Waren des gesamten Kreises. Kleinste Mengen an Produkten, oftmals einzeln gezählte Körnchen, wechseln die Besitzer ebenso wie komplette Wagenladungen. Der Marktplatz führt beide Seiten der Handelskette, nämlich einzelne Bäuerinnen aus entlegensten Gebieten mit professionellen Händlern und Exporteuren aus der Hauptstadt und vom internationalen Seehafen, zusammen. Da viel der Ware verderblich ist, herrscht hoher Druck - notfalls unter Verlusten - bis zum Nachmittag einen Käufer gefunden zu haben.
In den kleinen Weilern und Wohnhäusern Sidihonis beginnt die lange Wirtschaftskette, wie andernorts auch, mit einem regem Handel zwischen den einzelnen Haushalten und Familien. Dieser zwischendörfliche Inter-Haushalts-Handel basiert auf persönlichen Kleinkrediten, Vorschüssen, Hilfs- und Serviceleistungen, Transportdiensten und gegenseitigem Tausch. Er ist eng verwandtschaftlich und zum Teil an Klanzugehörigkeiten orientiert sowie nachbarschaftlich und kulturell bestimmt. Dieser Handel liegt fast ausschließlich in der Hand der Frauen, was auf ihre historisch starke Stellung in der Familien-, Dorf- und Regionalökonomie zu.