Kommentierte Fotos
Teil II von Knochen-Gold und Stein-Schatulle
Beispiele und Entwicklungen der Megalith-Beton–Hybridkultur
der Toba Batak mit historischen und aktuellen Bildern
Veröffentlicht: Ch.Schreiber, Mai 2011, nur auf www.sidihoni.com
Foto: Schreiber 2006
Harapoan, Nordwestsamosir, Marga Sijabat
Aufgrund einer Legende muß die Urne im Naturzustand belassen werden
Bild 2
Foto: Schreiber, li. 1989 Dia; re. 2008, digital
Onan Runggu, Südsamosir; Mausoleum und Urne der Marga Harianja (Lontung-Gruppe)
Nach Angaben von Anwohnern befinden sich keine Gebeine mehr in der Urne. Sie wurde bereits um 1970 als eine der ersten auf das Tugu nach oben versetzt.
Inschrift:
OP TUHAN NAOGA HARIANJA
BR SAMOSIR SIAN SIMADIHON
Bild 3
Foto: Schreiber, 2008
Südsamosir, beim Ort Pakpahan
Tugu mit Urne für:
Raja Uluan Pakpahan (Lontung-Gruppe)
Auf der Straßenseite gegenüber befindet sich das Pendent: Tugu mit Urne und Stele für Ompung Sainganon Rakpahan. Deren Urne ist noch befüllt mit 12 namentlich aufgezählten Vorvätern und -müttern.
Bild 4
Foto: Schreiber, 1989, Dia
Ort: Sakkal, zwischen Tolping und Simanindo
In den natürlich vorhandenen Felsblock wurde eine Urne hineingearbeitet.
Ihr Deckel ist links zerbrochen.
Bild 5
Foto: Helga Petersen, 2007
Ort: Sakkal, zwischen Tolping und Simanindo
Mit Hilfe von Marinjoe Marpaung konnte anhand des Baumes der Ort der ehemals freistehenden Urne (vgl. Bild 4) festgestellt werden.
Sie wurde mit dem Grabhaus überbaut, denn eine Versetzung war nicht möglich.
Bild 6
Foto li. aus Barbier, 1998
Die gleiche Urne wurde bereits abgebildet in Schnitger 1939 und Tichelamm 1942.
Dort waren Fotograf und Ort nicht bekannt.
Foto re. Schreiber, 2006
Die Urne wurde versetzt und übermalt. Das Schuppenmuster wurde neu eingeritzt und oben eine Kugel oder eine Schale als Erweiterung hinzumodelliert. Ort: Nordost-Samosir, Tolping, Marga Sialagan
Bild 7
Foto: Schreiber, 2008
Hinter milchigem Glas geschützt verbirgt sich die Urne von Raja Tunggarnageduk Sitindaon (Lontung-Gruppe) und seiner Frau Boru Sianturi.
Tugu im Süden Samosirs, Gebiet von Onang Runggu
Bild 8
Foto: Schreiber, 1989-90, Dia
Eine Urne und ein kleiner Sarkophag in Hausform sind am steilen Hang der Insel Samosir mit der Zeit von Erde, Lehm und Grasbewuchs fast ganz zugedeckt worden.
Ort, Südsamosir, Nähe Huta Sipollung und Huta Tamiang
Bild 9a
Foto: Schreiber, 2008
Südsamosir, bei Sokkean
Tugu und Urne für P.O. Jujur Gultom und G.O. Jujur Manurung mit Nachfahren (Lontung-Gruppe).
Nach der Bergung der Urne wird sichtbar wie der Zahn der Zeit am Stein genagt hat.
Bild 9b
Foto li.: Schreiber, 2008
Foto re: H.Petersen, 2007
Die Urne links ist ein besonders schlankes und kleines Exemplar, nicht mehr als kniehoch. Sie steht erhöht auf einem angebauten Betontisch des Tugu in Goroga, zwischen Ambarita und Tomok. Marga Nainggolan und Boru Silalahi
Die rechte Urne hat stattliche Größe. Über die Jahre, in der ich sie aufsuchte, zwischen 1989 bis 2002, zeigte sie jedes Mal einen anderen Farbanstrich, von dem der ältere rote hier noch durchschimmert. Ort: Sihotang
Bild 10
Foto: Schreiber, 2008
Südwestsamosir, Palipi
Tugu mit kleinem Sarkophag in Hausform; ähnlich dem von Erde bedeckten auf Bild 7.
Meines Erachtens ist solche eine Form älter als die großen Sarkophage mit Singa-Gesicht, mehreren Deckelteilen und Gebeinekisten in Menschengröße.
Bild 11
Foto: Schreiber, 2006
Bauchurne, hüfthoch. Der Kopf scheint mir nachträglich auf die Urne hinzumodelliert zu sein. Ursprungsgestein und Mörtelüberzug sind nicht mehr klar voneinander zu unterscheiden.
Von der Form her ist die Urne verwandt mit dem Bienenwaben-Tugu der Marga Manihuruk Nähe Huta Raja, vgl. nächstes Bild Nr. 12.
Nach meiner Auffassung korrespondiert diese Urnenform mit den Flaschenkürbissen (Tabu-Tabu). Flaschenkürbisse symbolisieren die Gebärmutter und umhüllen im spirituellen Sinne die verborgene Welt (vgl. Angerler, 2009). Die Frauen der Klanrepräsentanten, d.h. die Paniaran, Hebammen und Heilerinnen holten vor der Christianisierung mit den Flaschenkürbissen das Wasser (Aek Pohon-Pohonan) aus den heiligen Quellen für Rituale.
Siehe auch Foto auf der Rückseite des Einbandes von Angerler, 2009. Die Frauen tragen die Kürbisse mit weißen Tüchern umhüllt in ihr Dorf bei Sihotang.
Bild 12
Foto: H.Petersen, 2007
„Bienenwaben-Tugu“ gemäß der Bezeichnung von A.Reid 2002
Die eigenwillige Grabstätte wurde 1993 erbaut. Sie fungiert als reines Monument und als Mausoleum. Innen sind ca. 300 Nischen eingebaut, wovon die obersten mit den Gebeinen der ältesten Vorfahren befüllt sind.
Nach meinem Eindruck ähnelt die Form des Tugu eher derjenigen eines Flaschenkürbisses und der des vorangehendes Bildes.
Bild 13
Fotos: Schreiber, 2008
Nordwest-Samosir, ca. 3-4 km landeinwärts; Lumban Suhi-Suhi, Marga Simanjorang (Sumba-Gruppe)
Maße:
Aus dem Boden ragen insgesamt ca. 75 cm aus dem Boden,
davon gehören ca. 30 cm zum Behälter und 45 cm zum Deckel.
Die Eckelbreiten messen zwischen 90 cm und 1 m.
Die Urne wurde mit einem Betonfundament umgossen und ist daher nicht mehr in voller Höhe sichtbar. Ein Zaun umgibt die Befestigung. Durch eine Ritze des Deckels sind noch ca. 7 Schädel auf dem Urnenboden zu erkennen. Einer zeigt 2 Löcher in einer Linie, die wohl mechanisch zugefügt wurden. In unmittelbarer Nähe befinden sich noch 2 weitere Urnen, die mit Beton befestigt sind und noch 2 Erdhügel. Die Urne ähnelt sehr jener in Abb.20 in Barbier 1989. Das erneute Auffinden der Urnen ist ein aufwendiges Unterfangen, da sie meist woanders hin versetzt und äußerlich verändert wurden.
Bild 14
Foto: Schreiber, 2006
Ort: Sidihoni, Marga Simalango (Sumba-Gruppe)
Alter der Urne:
5 Generationen, ca. 125-175 Jahre
Erbaut für die Vorfahren vor 9 Generationen
Inhalt: 24 männliche Vorväter zzgl. ihrer Frauen; ev. 50 Schädel
Steinmetz: Guru SULAM (Info von A.Roma Simalango 2008)
Maße: Höhe gesamt: 1,15 m; Deckel-Durchmesser ca. 1,10 m;
Absichtlich mit dem Dorwall umbaut und daher von außerhalb des Dorfes nicht sichtbar.
Material: Basalt
Batakbezeichnung: Batu Parmasan/Batu Paromasan = Goldbehälter (von Malay. Emas = Gold)
Diese Urnen sind – entgegen ihrem Aussehen – nicht prähistorisch (Van Heekeren, 1958) oder neolithisch (Heine-Geldern), sondern sehr jung, also gegenwärtig!
Bild 15
Foto: Schreiber, 2002, Feldaufzeichnung
Auszug aus dem Stammbaum der Simalango-Nachfahren von Ompung Sawangin Simalango in Sidihoni.
Die violett gekennzeichneten, männlichen Vorfahren liegen zusammen mit ihren nicht aufgezeichneten Frauen in der Urne (vgl. vorhergehendes Foto Nr.14).
Die Urne wurde von Omp. Parlian Gumorok Simalango vor 5 Gen. erbaut für seinen Ur-Ur-Großvater, der vor 9 Generationen lebte.
Alter der Urne: 5 Generationen, ca. 175 Jahre (bei 1 Gen. á 35 Jahre)
Ich schätze die Erbauung der Urne zwischen 1840-1860
Bild 16
Urne links:
KITL TM-10003235, Glas
Simalungun, um 1938, Fotograf unbekannt, Tafel: Marija Panei
Urne rechts:
Ort: Simanindo, Marga Turnip
Foto. H.Petersen, 2007
Verblüffend ähnliche Form und Schönheit der beiden eckigen Urnen!
Bei diesem Ursprungsort der Marga Turnip wurde 2005 ein großes Fest mit Errichtung eines Monuments durchgeführt. Dabei wurde die Urne, zusammen mit steinernen Schutzfiguren, freigelegt und befestigt.
Maße entnommen von Schreiber 2008:
Höhe einschließlich Kugel: 1,70 m
Umfang: ca. 4,60 an Schulter
Umfang: ca 5,0 m an Deckel
Geschätztes Alter des darin liegenden Margagründers Turnip (anhand des Gesamtstammbaums der Batak): ca. 15 Generationen. Zu bedenken ist wiederum, dass die Urne erst mehrere Generationen nach dessen Tod in Auftrag gegeben worden sein kann.
Bild 17
Foto: Schreiber 1989, Dia
Ort: Südsamosir, Kec. Onan Runggu
Umfasstes Erdhügelgrab (Tambak) im Süden Samosir mit Hariara Baum (Ficus Art) ohne Luftwurzeln.
Wahrscheinlich wurde eine frühere Umfassung aus Natursteinblöcken mit einer Betonmauer ersetzt.
Eine Entnahme von Gebeinen für die Umbettung in ein Denkmal-Tugu wäre nur symbolisch denkbar, da die Wurzeln keine Knochen mehr auffinden lassen.
Inschrift: TAMBAK NI RAJA MARHUDAMDAM GULTOM (Lontung-Gruppe)
Bild 18
Foto: Schreiber, 2008
Pangururan, Westsamosir
Erdhügelgrab (Tambak) mit Steinumfassung und einem Hariara-Baum, der über die Steinmauern hinauswächst.
Dies ist die frühere Bestattungsart für bedeutende Persönlichkeiten. Sie erscheint mir älter als die Zweitbestattung in behauenen Steinbehältern.
Einst lag dieses Tambak in der Mitte des Dorfes, wie es früher üblich war. Das Dorf wurde aufgrund einer Straßenführung um ca. 200 m weiter verlegt; das Grab befindet sich nun direkt neben der Straße.
Bild 19
Foto: Schreiber 1989, Dia
Marga Manihuruk, Nordwest-Samosir, Nähe Parbaba
Sehr schöne Form eines Sarkophages mit stilisiertem Singa-Kopf. Der Sarkophag wurde seit 1989, meiner ersten Dia-Aufnahme, nicht verändert.
Interessant ist der separat aufgesetzte obere Teil, quasi der Haarschopf.
Die gleiche Marga erbaute das spektakuläre Tugu in Flaschenkürbisform, das bereits A.Reid 2002 beschrieb, vgl. Abb.Nr.12 oben.
Bild 20
Foto: Schreiber Der gleiche Sarkophag vom vorhergehenden Bild Nr.19 im Jahr 2008
Maße entnommen 2008:
Gesamtlänge: 3,10 m
Gesamthöhe vorne: 1,35 m
Innenkiste: 50 cm Breite, 185 cm Länge, 40 cm Tiefe
Kopfbedeckung (Haarschopf) 74 cm Länge
Der Sarkophag ist ca. 10 cm tief in den Boden versunken
Ein Deckelteil liegt in der Innenkiste
Das Gras wird nur im Rahmen von turnusmäßigen Familienfeiern gemeinschaftlich entfernt.
Wahrscheinlich befand sich früher dieser Sarkophag direkt vor dem Raja Haus oder in der Dorfmitte, so wie es heute noch in Huta Raja zu sehen ist.
Bild 21
Foto: Tassilo Adam, zwischen 1914 und 1918; Glas-Negativ ,KITL-Archiv, keine weiteren Angaben
Sarkophag mit wahrscheinlich 4 Deckelteilen, die flach auf der Sargkiste liegen. Der Singa-Kopf scheint aus der Sargkiste herausgearbeitet zu sein (nicht separat aufgesetzt). Auf dem hinteren Deckel ist keine Figur zu erkennen.
Zum Fotografen Tassilo Adam:
Er schenkte 1944 seine Sammlung der Jahre 1912-1926 dem KITL in Amsterdam. Daher ergibt sich die ungefähre Datierung obiger Abbildungen.
Tassilo Adam wurde 1878 in München geboren. Mit 21 Jahren ging er – aus reiner Faszination am Lande – nach Sumatra und arbeitete dort auf einer Tabak-Plantage in Deli, Nähe Medan. Danach lebte er in Pematang Siantar, wo er ab 1914 eine Dunkelkammer einrichtete. Er sprach Batak und gab hierzu ein Wörterbuch heraus; bekannt wurde er auch durch seine Arbeiten zu Bali und Java. 1955 starb er in den USA
Anmerkung: In Tichelmann 1942: S. 247, Abb. 2 befinden sich falsche Angaben zum Sarkophag. Er stünde in Huta Naibaho und im Hintergrund sei der Berg Pusuk Buhit zu sehen. Wie H.Petersen und M.Marpaung 2007 herausfinden konnten, ist es jedoch der Berg Tamba im Simbolon-Gebiet.
Bild 22
Foto: H.Petersen, 2007
Ort: Simbolon Lumban Raja; Marga Simbolon, Sumba-Gruppe, Nai Ambaton
Der kleine historische Sarkophag vom vorhergehenden Bild Nr.21 wurde Mitte der 1970er auf das Betontugu versetzt.
Die ursprünglichen Gebeine sind noch darin enthalten.
2007 hat ihn der Batak-Fremdenführer Marinjoe Marpaung aus Ambarita anhand der Erosionsnarben im Berg mit Hilfe des kleinen Fotos von Tassilo Adam wiedergefunden.
Hinten ist vom gleichen Winkel wie bei T.Adam der Berg Tamba (nicht Pusuk Buhit wie bei Tichelmann beschrieben) sichtbar.
Inschrift:
Tugu ni Ompung Raja Tuan Batangari Simbolon & Boru Tampubolon
Geschätztes maximales Alter der Inneliegenden: 19 Generationen
Bild 23
Foto: Schreiber, 2008
Der historische Sarkophag wurde, wie Verwandte im Nachbarhaus mitteilten, um 1973 auf das Tugu versetzt. Es habe damals viele Probleme unter den Margas und schwere Krankheiten gegeben, deshalb wurde er im Rahmen eines Festes versetzt.
Die Konturen der einstmal so romantisch wirkenden “Steinschatulle” wurden mit Betonmörtel verstärkt. Das anthropomorphe Gesicht des Singa-Rajas erhielt einen farbigen Anstrich, wobei die Bartgebung in dieser Region Samosirs zur Mode geworden ist.
Die darunter hockende Figur scheint – wegen der deutlichen Brust – eine Frau zu sein. Vielleicht bildet sie die Frau des Rajas ab, die nach der alten gesellschaftlichen Verfassung bedeutende rituelle und soziale Funktionen innehatte.
Bild 24
Foto: Schreiber, 2008
Auf der letzten Deckelplatte des gleichen Sarkophages ist eine sitzende weibliche Figur zu erkennen. Sie scheint mir ganz neu hinzumodelliert zu sein. Auf der Vergrößerung der Aufnahme von Tassilo Adam ist keine Figur zu sehen. Da jedoch in der Region Simbolon auf anderen, größeren und wohl jüngeren Steinsarkophagen der gleichnamigen Marga jeweils weibliche Figuren auf dem Sargende sitzen, wollte man nicht nachstehen und hat hier eine hinzukreiert.
Bild 25
Foto li.: H.Petersen, Simanindo, Nord-Samosir
Foto re:. Ch.Schreiber, Sihotang-Tal, 1992
Foto li.:
In der folkloristischen Tanzvorführung im Freilichtmuseum Simanindo balanciert die Tänzerin eine Schale mit heiligem Wasser auf dem Kopf. Im echten Ritual, das z.B. zur Heilung von Kranken durchgeführt wird, ist diese Frau ein Medium in Trance, die Schamanin.
Die Schale (Paranggiran) wird mit Wasser von der Ursprungsquelle (Aek Pohon-Pohonan) gefüllt. In sie werden Zweige des Bariginbaums und Stücke einer speziellen Zitrone (Jeruk Perut) gelegt. Die Schamanin (Sibaso na Bolon, Paniaran, Hasandaran) nimmt in ihrer Trance Kontakt mit den Vorfahren, Ahnen oder Götterwesen auf, die aus ihr sprechen und Anweisungen mitteilen.
Das alles wird begleitet mit den Klängen des Gondang-Orchesters. Als Zeichen der Vereinigung und Besiegelung der Zeremonie trinken alle Anwesenden aus der Wasserschale. Das erwirkt Gesundheit und Harmonie.
Das Wasser wird somit zum sakralen, göttlichen Trunk. Vgl. Hierzu Angerler 2009, Schreiber 2005 und dort viele weitere Hinweise)
Foto re.:
Auf dem großen Sarkophag in Sihotang (vgl. Bild 29) sitzt auf der letzen Deckelplatte die Schamanin mit ihren Insignien. Nach einigen kurzen Angaben in älterer Literatur heißt es, beim Transportieren des rohen Steines habe hinten das weibliche Medium gesessen und den Transport durch ihre magischen Kräfte leicht gemacht.
Bemerkung:
Mir scheint die Rolle und Funktion der Schamanin vor dem Christentum im Leben der Batak mitunter wichtiger als die des Datu. Ihre besonderen Künste haben sich zum großen Teil durch die Restriktionen der neuen Religion hindurch erhalten; werden aber im Verborgenen durchgeführt. Datus dagegen sind “ausgestorben” oder praktizieren nur noch minimalste Elemente der alten Magie. Die Künste der elitären Datus (da Schriftkundige und Ausnahme-Berufsstand) wurden und werden m.E. von der Wissenschaft überbetont.
Der Blick auf die Rolle der Frau ist in der älteren Literatur sehr getrübt. Keine Urne und kein Sarkophag ist jedoch ohne die Bedeutung der weiblichen Vermittlerfunktion zwischen den Welten zu verstehen.
Bild 26
Screenshots aus dem Dokumentar-Video von Handipan Simbolon, Pangururan, „Mangelek Pohonan“, 2006, Drehort: Sidihoni; Festveranstalter: Marga Simalango
Anlässlich einer bedrohlichen Naturveränderung – das Absinken des Sees Sidihoni – führten alle dort anwohnenden Klane eine altreligiöse, mehrtägige Zeremonie durch.
Die Schamanin tanzt in Trance mit der Wasserschale (Paranggiran) auf dem Kopf. Eine typische Tanzpose sind dabei die geöffneten Handflächen. Während des Höhepunktes löst die Schamanin ihre Haare und lässt sie frei hängen. Lose Haare sind ein Zeichen ungezügelter Energie und magischer Potenz. Alte geschnitzte Holzfiguren, die sich heute nicht mehr im Besitz der Dorfbewohner, sondern auf dem Kunstmarkt und in den Museumskellern befinden, zeigen oftmals genau diese spannungsgeladene Phase des Trancetanzes. Die Farben der Tücher symbolisieren die drei Gottwesen der alten Religion. Zum Schluss des Rituals, kurz vor dem Stürzen des Mediums, d.h. dem Hinaustreten aus der Trance, reicht die Schamanin die Schale den Anwesenden zum Trank. Ihr Gesicht ist dabei durch die Trance verzerrt; ein Zustand, dessen physische Veränderungen messbar sind.
Info: Die LeserInnen meines Buches freut es vielleicht zu erfahren, dass diese Zeremonie unter Begleitung des Gondang in genau jenem Haus durchgeführt wurde, das wir als Ersatz für das Haus der Großmutter gemeinschaftlich neu gebaut haben. Das Haus musste dem mehrstündigen Tanzen, Wippen und Springen von ca. 400 Gästen standhalten. Das ist gelungen, allerdings mussten danach einige tragende Pfähle ausgetauscht werden.
Bild 27
Wunderschöner Sarkophag von Ompu Raja Silo Simbolon, vgl. Bild 22.
Wahrscheinlich stammt die Aufnahme von 1912-1918; sie ist dem KITL-Archiv entnommen.
Laut Barbier 1983 S.120 wurde der Sarkophag von Tassilo Adam fotografiert.
Aus jener frühen Zeit gibt es mehrere Abbildungen als Postkartenmotif. Erste Touristen konnten sie in den 20er Jahren des letzen Jahrhunderts vor Ort erwerben. So bekam ich einen schönen Abzug aus dem Nachlass von Frau Elisabeth Doer, die es von ihrer Reise 1938 mitbrachte. Vgl. Bild 33
Nach Tichelamm 1942, S. 247 ist das der “Sarcofaag te Pansoer (Samosir), Foto Kol.Inst.” Er stehe in Pansoer bei Lumban-Suhi-Suhi im Gebiet Simbolon, bei Pangururan und entstamme seiner eigenen Collection. Er stand aber bei Tamba, Gebiet Simbolon. Das folgende Bild zeigt ihn im poppigen Gewand...
Bild 28
Foto: H. Petersen, 2007
Vgl. auch Foto in Barbier 1983, Abb.125.
Heute steht der Sarkophag vom vorangehenden Bild Nr. 27 am Straßenrand bei Simbolon. Kaum zu glauben, wie die Farbgebung die Erscheinung verändert. Der Sarkophag wurde auch auf einen Betonsockel hoch versetzt und wirkt dadurch in anderen Proportionen. Er ist mit einer Lichterkette geschmückt. Die hintere Figur erhielt einen Bart und wurde leicht ummodelliert.
Die Inschrift auf der Rückseite nennt den Vorvater Ompung Raja Silo Simbolon
Maße entnommen 2008:
Gesamthöhe inkl. Gesicht: 2,60 m; ca. 30 cm sind zusätzlich im Fundament versunken.
Länge am Boden: 3,3 m
Deckel: 3 Teile, wovon man nur den mittleren öffnen kann
Schulterbreite vorne: 1,20
Bild 29
Foto: Schreiber, 1989, Dia
Sihotang
Sarkophag mit Prunk-Mörser (Losung mit 3,2 Metern) im Dorfinnern von Lumban Pangaloan im Besitz der Marga Simarmata (Sumba-Gruppe).
Hinten ist der einzige Eingang einer ca. 5-7 Meter hohen Ringmauer mit halbangepassten Steinen zu sehen. Die steinerne Schamanin von Bild Nr.25 gehört zu diesem Sarkophag.
Im Tal von Sihotang-Tal findet sich, bezieht man die mit Steinen umschichteten Reisfelder mit ein, die größte Dichte von megalithisch und monolithisch genutztem Stein.
Bild 30
Foto: H.Petersen, 2007
Der gleiche Sarkophag vom vorhergehenden Bild Nr.29. Er wurde 1995 mit dem modernen Betonsockel befestigt.
Laut Barbier sind die Gebeine mehrerer Rajas noch darin enthalten. Der Steinsarg wurde für Ompu ni Atas Laut Simarmata vom Steinmetz Datu Singa Ulanda Marsoit erbaut. Sein Alter gibt Barbier in seiner Publikation von 1983 mit 10 Generationen an.
1998 aber schätzt Barbier den Zeitraum der Erstellung des Sarkophages zwischen 1820 und 1850. Wahrscheinlich sei er vor 4-6 Generationen geschaffen worden. Das zeigt die große Problematik mit Datierungen und Erzählungen aus dem lokalen oralen Gedächtnis .
Nur tiefes Eintauchen in den Stammbaum einer Marga liefert genauere Angaben.
Bild 31
Foto: KITL
Das gleiche Dorf Lumban Pangaloan in Sihotang mit dem besonders großen Sarkophag vor mindestens 70 Jahren.
Laut eines Hinweises in Barbier (Text zu Abb. 138 in Barbier 1983) handelt es sich um den Bedjan-Tanz, der von P. Voorhoeve 1940 fotografiert wurde. Im KITL Archiv ist der Fotograf jedoch unbekannt und wird das Bild zwischen 1900-1940 datiert.
Deutlich zeigt das Bild, daß die steinere “Goldschatulle” auch als Zentrum für Zereomonien, Rituale und Gemeinschaftsaktivitäten dient.
Bild 32
Foto rechts: Schreiber, 2008
Sarkophag für Ompu Raja Solobean Simbolon
Höhe: 2,20
Breite am Schulter: 3,70 m
Länge insg. Schwanz: 4,60 m
7 Fächer inkl. Gesicht
Nur 3 Fächer zum Öffnen
Alter laut Nachfahren: ca. 200 Jahre
Der Sarkophag wurde vor ca. 50 Jahren von der Straße runter Richtung Küste versetzt, erzählt der Nachfahre Ramses Simbolon im Haus nebenan. Zuvor sei er links neben der Straße gestanden, neben dem von Omp. Raja Silo Simbolon (d.h. dem rot-schwarzen Sarko mit Lichtern dran). Demnach ist es der gleiche Sarkophag wie hier auf dem historischen Foto von Tassilo Adam links.
(Zusatz von Schreiber 2012: nach Vergleich mit den historischen Aufnahmen identifiziert Ramses Simbolon "seinen" Sarg als jenen in der Mitte; der abgebochene Kamm-Aufsatz liegt noch zerbrochen hinter dem Sarkophag. Demnach wäre der farbig bemalte Sarkophag von Omp.Silo Simbolon nicht jener in der Mitte des Dreierarrangement oben).
Die Gebeine sind, gemäß Auskunft der Nachfahren, noch enthalten, jedoch nur jene vom Urgroßvater und seiner Frau. Die älteren Gebeine seien im Tugu nebenan, die mit diesem Sarkophag zusammen 7 Generationen umfassen.
Foto links: KITL, angegebener Fotograf: Tassilo Adam, 1910-1927
Die Zuordnung von modernisierten Sarkophagen zu historischen Aufnahmen ist schwierig. Der Vergleich zwischen dem modernen und jenem rechts auf dem historischen Foto zeigt einen wichtigen strukturellen Gestaltungsunterschied: der Singakopf auf dem linken Bild wurde sparat gearbeitet; er ist also aufgesetzt. Im rechten Bild scheint er an einem Stück gearbeitet zu sein, vielleicht wurde die Ritze aber nachträglich übermörtelt. Oder aber Ramses Simbolon (Info 2012) liegt richtig und der Sarkophag rechts ist jener in der Mitte des historischen Fotos; der rechte historische bleibt damit unidentifiziert.
Diese historische Sargreihe wurde bereits in de Boer 1920 vom gleichen Winkel aus abgebildet. Lediglich die Büsche sind noch etwas jünger. Er hatte es der kolonialen Sammlung des Enzyklopädischen Büros in Batavia entnomen hatte.
Bild 33a
Foto: Sammlung Schreiber; Scan aus dem Nachlass von Elisabeth Doer, Filderstadt, die 1938 Sumatra bereiste.
Hier ist die gleiche Reihe von Schatzbehältern wie auf dem Bild zuvor von Tassilo Adam zu sehen. Allerdings vom Blick aus dem Südwesten nach Nordosten.
Das Arrangement der Behältnisse wurde in der zweiten Hälfte des letzen Jahrhunderts aufgelöst; die Sarkophage und Urnen wanderten zu ihren jeweiligen Nachfahren.
Das Motiv ist sehr beliebt.
Tichelmann veröffentlichte 1942 in Abb. 8 eine Abbildung des GLEICHEN Fotos wie hier; es entstamme seiner Collection, steht darunter. Das Bild von Frau Doer ist etwas kleinerer und somit ein Ausschnitt desselben. Tichelmann hat es wohl nicht selbst aufgenommen, denn seine Ortsangaben sind unstimmig.
Neulich sah ich ein ähnliches Foto dieses Arrangements im Tagebuch von Sigrid Wagner, der Tochter des Missionsarztes Dr.Wilhem Wagner, der in 1920er Jahren in Balige und auf Samosir tätig war.
Auf den Fotos von Doer und Tichelmann liegen die Schädel auf der vorderen Urne schön platziert nebeneinander; in den älteren Aufnahme von Tassilo Adam (vgl. Foto 33 hier) und bei de Boer sowie Schnittger fehlen die Schädel. Wahrscheinlich liegen sie noch im „Goldbehälter“ drinnen. Vielleicht mussten die Knochen schon für Touristen posieren… ?!
Vielleicht ist auch dieses Foto eine Reproduktion von Tassilo Adam? Ich vermute stark, dass er mehrere Aufnahme von verschiedenen Winkeln machte und Reproduktionen davon sukzessive an Sammlungen, Touristen und Missionsfamilien verkauft wurden. Denn wer hatte schon einen Fotoapparat dabei, zumal man zu jener Zeit noch Glasplatten brauchte.
Bild 33b
Aus dem Nachlass von Annette Günzler; Fotoalbum von Frau Wagner,
ab 1919 in Sumatra, Gattin von Dr.Wagner, Arzt in Balige.
Die Bäume scheinen hier noch junger zu sein als auf demselben Motiv von Bild 32. Dort ist die kleine Urne links noch korrekt bedeckelt.
Klick-Vergrößerung |
Hier ist ihr Deckel bereits verschoben und auf dem Foto rechts wurden sogar Schädel für die Aufnahme hindrapiert. Bild 33a zeigt ein etwas anderes Arrangement desselben Motifs.
Es ist kein Hinweis bekannt, ob Frau Wagner die Fotos selbst aufgenommen hatte oder sie vor Ort kaufte. (Fotos 33b erst ab August 2011 veröffentlicht)
Bild 34
Sammlung Schreiber,
Scan aus dem Nachlass von Elisabeth Doer, Filderstadt, 1938
Es zeigt den bekannten Sarkophag der Marga Sidabutar in Tomok, Behälter für die Gebeine von Ompu Raja Sojoloan Sidabutar. Der Platz, auf dem sich noch mehrere kleinere Sarkophage in Hausform befinden, ist inzwischen mit Beton ausgegossen und eingezäunt. Seit vielen Jahren kostet es Eintritt, was daran liegen mag, dass sich in der Nähe das Zentrum der Hotels und Backpacker-Unterkünfte befindet.
In keinem Reiseführer darf heutzutage seine Abbildung fehlen. Selbst in alten wissenschaftlichen Darstellungen ist fast durchgängig jeweils eine zeitgemäße Abbildung davon enthalten.
Die am Ende hockende Frau hält einen Raja-Teller zwischen den Händen und trägt eine Wasserschale auf dem Kopf. Der Bekanntheit dieses Sidabutar-Sarkophages ist es mit zu verdanken, dass andere Sarkophage bei ihrer Restauration eine Frauenfigur hinzugefügt bekommen. Der Kopf ist – wie auch bei einigen anderen Sarkophagen – abnehmbar und wurde vor dem 2. Weltkrieg ausgetauscht. Wahrscheinlich wurden früher in abnehmbare Köpfe magische Ingredienzen eingefüllt.
Bild 35
Beispiel für einen Sarkophag, der bis heute unverändert erhalten ist.
(Vgl. auch Schreiber 2005, S.113, Abb. 9)
Foto oben: KITL, Negativ, Glas
Fotograf: Tassilo Adam, 1914-1919; Lumban Suhi-Suhi
Übersetzter Zusatztext: Gehöft des Batak-Dorfes Lumban Suhi-Suhi auf Samosir … mit Steinkiste, in der Gebeine aufbewahrt werden.
Info Schreiber: Die Kolonialverwalter und ihre Gattinnen sind an der weißen Kleidung zu erkennen.
Im unteren Bild ist rechts im Vordergrund auch ein frisches Tambak zu erkennen, ein Erdhügelgrab mit Baum. Es steht hier noch innerhalb des zentral gelegenen Dorfplatzes. In der Dorfmitte befindet sich der Sarkophag von oben. Die Reisspeicher rechts (Sopo) sind heute alle nicht mehr vorhanden.
Ich schätze, auch hier handelt es sich um eine Aufnahme von Tassilo Adam für den Postkartenverkauf. Das gleiche Foto befindet sich wiederum im Tagebuch von Sigrid Wager, Tochter des Missionsarztes Dr.Wilhelm Wager.
Trotz Restauration des dazugehörenden Raja-Hauses in den 1990er Jahren wurde am Sarkophag nichts verändert, also keine Farbe aufgestrichen, kein Sockel zugefügt und keine Löcher zugemörtelt. Auch die Hausrenovierung hat sich streng an die traditionelle künstlerische Gestaltung des Hauses gehalten, was auf ein hohes Bewusstsein historischer Wertvorstellungen schließen lässt.
Der Sarg und das Dorf wurde ebenfalls durch alle Dekaden hindurch von verschiedenen Besuchern, d.h. Kolonialverwaltern, Forschern, Missionaren und Reisenden immer wieder abgebildet.
Bild 36
Foto: Schreiber, 1990
Ama ni Roma Simalango mit der Zeichnung des Stammbaums seiner Vorfahren bis zum Gründer der Marga Simalango durch Raja Lango vor 17. Generationen (ca. 425-450 Jahre).
Aufgrund solch genauer Aufzeichnungen ist die Datierung historischer Megalithensärge gut möglich.
Die Aufzeichnungsweise im Kreisformat ist die Idee von Ama ni Roma Simalango und seinem Cousin. Ca. 7 Jahre lang suchten sie ihre Verwandten in verschiedenen Regionen auf, um den Stammbaum zu erstellen. Stammbaum-Aufzeichnungen zu machen ist eine neuere Entwicklung. Sie begann in den 30er Jahren des letzen Jahrhunderts, da Kolonialbeamte (niederländische und bataksche) dies zur besseren Übersicht und Regulierung brauchten. Zuvor wurde das Abstammungswissen der Batak von den Adat-Spezialisten nur mündlich überliefert.
Die spezielle Gründungslegende zur Marga Simalango befindet sich >hier auf der website. Jede Marga kennt ihre eigene, mythenumwobene Geschichte.
Toba-bataksche Marga-Gründer (Klan- und Sippengründer) haben real gelebt und können manchmal noch heute einer Grabstätte bzw. einem Gebeinebehälter zugeordnet werden. Sie sind das “Gold” der Guppe.
Bild 37
Foto: Schreiber, 1992, Dia
Blick auf Pusuk Buhit, wörtl. "Nabelberg".
Wahrscheinlich waren die Batak die ersten Siedler in diesem Gebiet und zogen sie einst bewußt von der Küste in die Höhe (vgl. Angerler 2009; Zimmermann 1992, Vorstellung beider auf dieser website).
Laut Überlieferung und nicht von der Hand zu weisen, lag die Gründung des ersten Bius (Besiedlung eines Tals mit mehreren alliierten Margas) am Fuß dieses Berges bei Sianjur Mula Mula im Tal von Sagala nahe zur Wasserscheide in Limbong; ca. auf der Höhe des Berg-Knies. Das Gebiet gilt als Urprung aller Batak, als der Nabel. Auch in der alten Schöfpungsgeschichte wurden die ersten Menschen von der Göttertochter hier erschaffen.
So markant, wie der Berg emporragt,so markant prangen heute die Urnen auf den Tugus. Der Berg als Abkunft der Population, die Urne als Abkunft der Sippe !
Bild 38
Foto: Schreiber 2006, Lontung, Pagar Batu
Mörser (Losung) mit 2 Löchern und damit ein selteneres Exemplar
Außen ist die natürliche Form des Felsblocks noch gut zu erkennen. Die obere Fläche ist dagegen fein plan geschliffen worden.
Mörser könnten die ältesten großen Steine (Megalithen) sein, die bearbeitet wurden. Wahrscheinlich stand hier früher ein Haus, so dass direkt davor Nahrung und Opfergaben gemahlen werden konnten.
Bild 39
Foto: Schreiber, 2008
Simbolon, Südwestsamosir
Mörser (Losung) mit einfacher, sehr harmonisch ausgewogener Form. Der Stein musste hierzu rund herum bearbeitet werden und zeigt daher keine rohe Felsgestalt mehr.
Bild 40
Foto: Schreiber, 2006
Nordost-Samosir
Dorfwall (Parik) aus behauenen Steinquadern, die auf natürlichen Fels (teils vorhanden, teils herbeigeschafft) geschichtet wurden. Beispiel für das Leben MIT Stein oder megalithische Steinbenutzung. Dieser Umgang mit Stein kann sehr alt sein und aus den Anfangstagen der Besiedlung stammen.
Bild 41
Foto: Schreiber, 2006
Ähnliches Verfahren wie beim vorhergehenden Bild. Auf größere Felsblöcke werden die kleineren Steine geschichtet, um eine Mauer zu bilden.
Sie dient zur Befestigung eines neu angelegen Pflanzbeetes am Steilhang von Pusuk Buhit. Dieses Vorgänger-Verfahren für spätere, ausgefeilte megalithische Steinbearbeitungen entstand wahrscheinlich aus der reinen ökonomisch-bäuerlichen Notwendigkeit.
Bild 42
Foto: Schreiber 2006
Die Süßwasserquelle von Sidihoni ist mit drei Natursteinen eingefasst worden. Sie schützt das Wasser vor Verunreinigung und Tieren. Die Größe der Öffnung reicht, um mit einer Kelle daraus zu schöpfen.
Die Überlieferung erzählt, daß der Datu Guru Sulam mit der ersten Niederlassung der Simalango in Sidihoni die Quelle eingefasst habe. Sie werde niemals austrocknen. Es ist geregelt, welche Anwohner aus welcher Quelle ihr Wasser holen dürfen.
Mir sind im Gebiet von Sidihoni drei solcher Einfassungen bekannt, allerdings habe ich sie noch nicht in anderen Regionen entdeckt und keine Darstellung oder Beschreibung davon in der Literatur gefunden.
Bild 43
Foto: Schreiber 2006
Außerhalb des Wohngebietes, in einem Waldstück, liegt an einem steilen Hang die große Quelle von Sidihoni, namens Sipitu Mata (die sieben Augen/Quellen). Es ist die Bius-Quelle des Territoriums. Diese Quelle wird - nach alter Literaturlage ausgedrückt - von einem Sombaon bewohnt. (Heilige Natur-Geist-Urkraft in weiblicher Gestalt).
Das heilige Wasser (Aek Pohon-Pohonan) für altreligiöse Rituale wird von hier ins Dorf und Haus getragen. Früher in den Kürbissen, heute in bauchigen Alukesseln. Die Quelle wurde, wie viele anderen Bius-Quellen in und um Samosir, mit Beton fundamentiert. Die Batak sind stolz, wenn sie dieses Zeichen der Ehrerbietung und des Fortschritts durchführen können.
Ich sehe es als Beispiel für die Hybrid-Kultur, in der alter Ritus und alte Bedeutung mit neuem Material und neuer Form zusammenfließen.
Bild 44
Fotos: H.Ebinger, 2009
Links: Der Ursprungs-Stein Batu Hobon bei Limbong am Sattel des Berges Pusuk Buhit. Früher lag der Stein allein in weiter freier Flur, vgl. Schreiber 2005, S.57 und weiter unten hiern im Artikel.
Der Stein gilt den Batak als Ursprung; die Lontung-Gruppe sieht sich als direkte Nachfahren des ihm zugeordneten Stamm-Ahnen Guru Tateabulan. 2009 erhielt der Stein bei einer Feier der Distriktverwaltung den offiziellen Status als bataksches Kulturerbe. Hierzu wurde ein Betonfundament um den Stein herumgelegt und ein massives Dach darüber gebaut. Somit entsteht leider die Vorlage für Veränderungen an Naturdenkmälern an anderer Stelle.
Foto rechts: Die obere Kante des Steines zeigt Spalten, die einem aufgesetzten Deckel ähneln. Batak betrachten ihn daher als Sarkophag oder Behälter, in dem ihr gesamtes Kulturgut enthalten ist – also die größte Schatzschatulle überhaupt.
Auf den Stein wurde bei der Zeremonie 2009 – nach vorchristlicher Weise – die Haut einer weißen Ziege als Opfergabe gelegt; darüber befindet sich ein Altars aus Palmfasern und weißem Tuch.
Der Stein liegt inmitten der ersten geschichtlichen Besiedlungsregion der Toba-Batak, an der Wasserscheide des Westhanges von Busuk Buhit, erhöht am Bergsattel zwischen den Tälern Limbong und Sagala. Er wurde nie transportiert, sonder liegt ursprünglich hier. Die ersten Siedler kamen, sahen, erkannten, verehrten … der Mensch kam zum Stein und nutze ihn sakral. Der Stein war zuerst da!
Bild 45
Foto: Schreiber, 2006
Sicht auf den Ur-Stein Batu-Hobon bei Limbong, in dessen Vertiefungen Besucher Betelpfefferblätter und Eier als Opfergaben gelegt haben.
Auch hier ist die natürliche Kante des „Deckels“ gut erkennbar. Die Löcher für Opfergaben oder zum Mahlen derselben wurden wahrscheinlich mechanisch durch den Menschen zugefügt. Hier zeigt sich eine frühe Verbindung zwischen Stein als Behälter (für geistiges Gut und für Gebeine) und dem Stein als Mörser (Zubereitung von Opfergaben, die aus Nahrung bestehen).
Bild 46
Fotos: Schreiber, 1989, Dia
Oben: Einfach gelegter Steinkreis um das Naturheiligtum Batu Hobon. Vielleicht diente der Platz früher auch für Versammlungen. Auf jeden Fall war und ist er auch ein Pol für die sich geographisch immer weiter ausbreitenden Klane/Sippen
Unten: Batu Hobon in seiner ursprünglichen Form. Der neue, eng angefügte Betonbau betont die kubische Form und verdeckt den natürlichen Fels links daneben. Ähnlich wurde der Urstein der Batak schon von de Boer 1920 abgebildet, der es der kolonialen encyclopädischen Sammlung entnahm.
Es scheint ein Glück zu sein, daß der Urstein nicht verrückbar ist.
Bild 47
Foto: Schreiber 2006
Natürliche Umgebung des heiligen Quellplatzes Air Sipitudai. Ein Baringin-Baum (Hariara) wurzelt an der Quelle, in der größere Natursteine liegen. Eine Besucherin hat Blätter des Betelpfeffers beim Gebet darauf gelegt. Solche Plätze machen - historisch gesehen - keine Steinbearbeitung nötig.
Bild 48
Foto: Schreiber 1989/1990
Der Stein bei der Quelle Air Sipitudai (Wasser der sieben Geschmäcker, ) im Tal Limbong, ca. 4 km von Batu Hobon entfernt. Vgl. Bild Nr. 47. Mythologischer Waschplatz von Siboru Parme, einer göttlichen Stamm-Ahnin.
Der Stein befindet sich neben oben abgebildeter Quelle. 1990 befand er sich bereits auf einem Betonsockel. Auch dieser Ort hat batak-nationalen Status erhalten und verlangt vom touristischen Besucher Eintritt.
Batak nähern sich ihm nur mit Respekt und kleinen Opfergaben.
Bild 49
Foto: Schreiber, 2006
Blick von Westen her auf Pusuk Buhit. In der Mitte ist der Ort Limbong zu erkennen. Rechts davon liegt hinter Bäumen Air Sipitudai; die linke Anhöhe ist die Wasserscheide. Hier liegt der Stein Batu Hobon.
Durch den Berg-Einschnitt links erkennt man den Toba-See; rechts schaut man im Hintergrund auf die Insel Samosir.
Hier begann die (mythologische und wohl reale) Besiedlungsgeschichte der Toba-Batak.
So wie der Ursprung des Volkes am weithin sichtbaren Berg liegt, so liegt der Ursprung der lokalen Lineage bei der hochversetzten, weithin sichtbaren Urne.
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