Inhaltliche Anmerkungen
Von Christine Schreiber
Zur Herkunft der Batak
Wahrscheinlich kommen die Batak aus der Südchinesischen Region und sind sie dabei über - aber nicht aus - Thailand und Birma nach Sumatra gekommen. Heute gibt es 6 Batak-Völker, wobei die beiden südlichen sich nicht mehr als solche, sondern als Indonesier, bezeichnen.
Alle Batak führen ihre Herkunft auf einen gemeinsamen, mythologischen Stammvater zurück: Si Raja Batak. Dieser ist als Ahn zu verstehen, d.h. als eine Person, die einmal gelebt haben soll. Er wird nicht als Götterheld verstanden. Batak-Götter der vorchristlichen Religion sind ideell, geistig vorhanden - in einer anderen Welt. Ahnen dagegen sind Vorfahren. Das fängt beim Urgroßvater an und mündet - notgedrungen - beim mythologischen Stamm-Vater.
Wie viele Batak wo leben, ist schwer zu sagen, da beim indonesischen Zensus nicht nach ethnischer Zugehörigkeit gezählt wird und viele Batak schon aus längerer Tradition in die Hauptstädte und auch nach Übersee emigrierten. (Ich verweise auf den vorhergehenden Kommentar).
Zu Weltsicht und Tradition der Batak
An den Längsbalken der traditionellen Pfahlhäuser blickt dem Herannahenden ein mythologisches Schutztier entgegen. Es ist ein Phantasie-Wesen, in das Elemente des Drachen, des Elefanten (hier bezieht sich der Batak-Name Gajah Dompak darauf), des Löwen und der Eidechse/Schlange einfließen. Damit ist aber kein Büffel gemeint.
Die Dreiteilung des Hauses entspricht der Dreiteilung des Kosmos im alten vorchristlichen Glauben. Im Dach haben Ahnen (hier wieder die konkreten Vorfahren) und Götter/Göttinnen ihren Platz. Die Mittelwelt der Menschen entspricht dem Wohnraum des Hauses. Der Stall, der aus den Pfählen unter dem Haus gebildet wird, entspricht der Unterwelt, d.h. der Erde, der Feuchtigkeit, den schwer zu bändigenden Naturkräften, der Fruchtbarkeit. Niemals ist diese Welt der Erdkräfte, wie ich sie nenne, mit Hölle gleichzusetzen.
In diesem Zusammenhang darf eine ganz zentrale Schöpfungsmythe nicht vergessen werden: Aus dem Himmel entflieht die widerspenstige Göttertochter Si Deak Parudja. Sie landet in der unwirtlichen, unteren Welt, d.h. im dem großen Wasser. Hier muß sie den darin hausenden Schlangen-Drachen, d.h. die Erdkräfte, bändigen. Nachdem sie ihn mit dem Schwert durchbohrt hat, kann sie auf seinem Kopf die Erdenwelt und die Menschen erschaffen. Sie ist die Kreatorin der ersten Batak und noch im Bewusstsein vieler Batak vorhanden.
Erdenkräfte, so heißt dies für mich, sind gewaltig, sind bedrohlich, aber aus ihnen gedeiht es, auf ihnen ruht es…. und vielleicht steckt da noch Erinnerung an frühere Tsunamis drinnen…
Varianten der oben kurz ausgeführten Mythe gibt es mehrere, markant ist dabei, daß die Entstehung des Menschen auf das Wirken einer Frau/Göttertochter zurückzuführen ist.
Batak fürchteten sich vor ihrer Christianisierung sehr vor den Seelen jener Menschen, die an einem ungewöhnlichen, „schlimmen“ Tod gestorben sind. Diese Seelen trachteten nach Unheil. Sie konnten überall hausen. Sie sind jedoch nicht der batakschen Unterwelt zuzurechnen. (Zur Frage, wo sich insgesamt die Seelen der Verstorbenen aufhalten - wir sprechen wieder vom alten Glauben - konnten die westlichen Forscher keine genaue, theologische Antwort finden.)
Ahnen dagegen genießen größte Hochachtung. Vor allem wenn sie viele Nachkommen hatten und daraus sogar eine neue Sippe (Marga) hervorging. Daher auch der Ritus der Zweitbestattung, Schädelehrung und Errichtung von Gebeinehäusern. Vielleicht passt das Wort Ehrfurcht besser: Ehre und Furcht. Die frühen Missionare, insb. Warneck, unterlagen ihren eigenen Denkschranken und machten aus der ’Furcht’ die Knebelung eines Volkes durch ihre Geister. So legitimierten sie auch ihre Arbeit.
Kopfjagt, Kannibalismus und Zauberpilze
Von den Batak ist mir keine Kopfjägerei bekannt. Es gab wohl Kannibalismus. Diesen eher dann, wenn es um Verräterei ging und sich der Sozialverband sehr bedroht sah (worunter auch Ehebruch zu verstehen ist). Da schwingt ein strafender Charakter durch. Batak-Fürsten (Raja), die an die Küste kamen, erzählten den frühen Händlern und Kolonialherren schauerlichste Geschichten über ihren eigenen „Kannibalismus“. Damit verbanden sie wohl einige Vorteile (Furcht schüren und Eindringlinge abwehren, Handel zum Hinterland kontrollieren, mit den neuen Machthabern paktieren). Als Beweis mag durchaus ein Schädel gedient haben, den man aus dem Schädelhäuschen zum Vorzeigezweck mal kurz ausgeliehen hatte.
Leider wird dieser Aspekt heute von der indonesischen Tourismus-Industrie neu aufgelegt und weiter phantasiert. Sogar einheimische Reiseleiter spielen den Reise-Gästen an angeblichen Schlachtsteinen (in Ambarita) begeistert Verspeisungsrituale vor. Achtung, bereits Barbier hat nachgewiesen, dass diese ‚historischen’ Steine von dem klugen Dorfchef H. Siallagan – ich glaube in den 50ern - erbaut wurden. In keinem Travel-Handbuch fehlt dieser Kannibalismus-Aufreißer und selbst wissenschaftliche Aufsätze wollen so gut wie nie auf die platte Reproduktion dieses Reiz-Wortes verzichten.
Eine rituelle Einnahme von „Zauberpilzen“ ist mir nicht bekannt. Sie ist allerdings - weniger rituell - sehr beliebt bei Rucksacktouristen und war der Renner in den 70er und frühen 80er Jahren auf Samosir.
Religion heute
Es gibt kaum mehr Batak, die ihre ursprüngliche Religion praktizieren. Jedenfalls nicht bei den Toba-Batak. Aber es gibt Revivals. Da aber die heutigen Anhänger der alten Religion diese „neu lernen und rück-erfinden müssen“, handelt es sich eher um Sekten (z.B. Pormalim). Die alte Religion im breiten sozialen Lebensverband, die einen homogenen Sinn machte, ist verloren. Daher muß das Religiös-Rituelle das inden alten Quellen als ‚Stammeskult’ beschrieben wird, in heutigen Beschreibungen unbedingt in der Vergangenheitsform wiedergegeben werden.
Es gibt bei den heute vorhanden, traditionellen Riten Elemente, die auf die alte Religion hinweisen oder sich ins Christentum hinübergerettet haben. Es gibt auch noch – verdeckt - einzelne rein altreligiöse Zeremonien. Das herauszufinden, war gerade die harte Forschungsarbeit vor Ort.
Doch wie ist die Gewichtung? Strackes These bleibt offen. Gibt es heute (bei den Toba-Batak) eine friedliche Koexistenz verschiedener Religionen? Ist eine besondere Form des Christentums entstanden? Was meine Sie?