Sidihoni - Medan - Rottenburg
Bischof Sinaga kennt auch Wurmlingen, unser Heimatdorf mit der Kapelle auf dem Berg, die zum Bistum Rottenburg gehört. "Ich war oftmals zu Gast bei den Schwestern im Kloster Reute und habe von dort aus auch Bischof Kaspar in Rottenburg besucht. Bischof Kaspar ist jetzt in Rom und für die Ökumene zuständig. Sehen Sie, IHR Bischof …", sagt er mit hörbarem Stolz.
Er kennt meine Heimat, Sidihoni und Wurmlingen, sinniere ich und schon empfinde ich ihn als vertrauten Verwandten. Das hatte ich vorher nicht geahnt. Doch Batak kommen weit.
"Ja, die Ökumene. Durch sie kommen die vielen Batak in Deutschland und Europa zusammen. Sie haben so engagiert den Tsunami-Opfern mit ihren farbigen Tänzen und Chören bei Benefiz-Veranstaltungen geholfen", pflichte ich bei.
"Die Christine hält auf deutschen Batak-Treffen Dia-Vorträge über die traditionelle Kultur der Batak", fügte Frau Höckh hinzu. "Dann sind viele sehr tief berührt, wenn sie ihren Berg sehen oder über ihre alten Riten und Zweitbestattungen erfahren. Manche haben schon geweint"
In Sidihoni bzw. Sisalaon, knüpft der Bischof an, habe er 1978 eine Sekundärbestattung geleitet. Damit ist er bei meinem Lieblingsthema. Ich zeige ihm das Bild, wie ich bei der Ausgrabung und Zweitbestattung unserer Großmutter und 14 weiterer Vorfahren die Gebeine ihrer Söhne auf meinem Kopf trage. Die Großmutter, erzähle ich, sei zu Lebzeiten Schamanin gewesen und konvertierte deshalb nicht zum christlichen Glauben. Bischof Sinaga lauscht und ich beobachte ihn. Er sagt nichts dazu. Aber er schrieb im Einband seiner Dissertation, daß sein eigener Vater Datu war. Bruder Benyamin Purba hat es uns auch schon mit einem Hauch von Bewunderung auf der Herfahrt erzählt. Datu, das ist ein Zauberpriester von höchstem Rang. Datu waren hoch angesehene Magier, Wahrsager, Kenner von Kalendern und Geheimwissen und Ritualmeister. Quasi Priester in der altbatakschen Religion.
Das Spirituelle scheint also in der Familie zu liegen, denke ich.
Der Bischof lobt die Qualität und den Druck des Buches. "Was kostet es?" – "Was, nur 30 Euro. Das ist billig. Können Sie das denn machen?"
Wieder bin ich platt über seine Frage. Sie geht ins Eingemachte, zeugt von Fachkenntnis in der Druckbranche und der europäischen Preislandschaft.
"Ich kann das nur machen, weil ich all die Bilder selbst bearbeitet habe und wir den Druck und das Format optimal berechnet haben."
"Ja, ganz der Schwob", kommentiert der Bischof.
Ich kann es kaum glauben. Wir hauen uns vor Vergnügen auf die Schenkel und lachen lauthals. Witz mit Tiefsinn, Witz mit Welt-Erfahrung. Ach, tut das gut. Und spontan fallen wir ein in das Schwaben-Lied "Schaffe, schaffe, Häusle baue und itt nach de Mädle schaue…..".
Träume ich nur oder sitzen da wirklich zwei Batak und zwei Deutsche auf dem Sofa im Bischofshaus und singen die alte Volksweise ?! Das ist Humor von der Seele Gottes.
Bischof Sinaga brilliert mit weiteren ur-deutschen Sprüchen, schwärmt aber auch von Händel, Bach und deutschen Dichtern.
"Die Bataks sind die Deutschen von Indonesien!" faßt er die Thematik zusammen.
Wie? Ja, er sagt es noch mal und er schreibt es mir nachher sogar in das Buch, das er mir schenkt.