Einheimische Ästhetik: Knopf und Lichterkette
Toba-Batak ummörteln ihre Urnen und Sarkophage, setzen sie auf Sockel, verschönern sie mit dem wertvollsten Material, das ihnen zugänglich ist: mit Farbanstrich und Lichterkette.
Die Deckel ihrer Schatzbehälter verschließen sie endgültig und Vertiefungen glätten sie mit Gips. Gelegentlich modellieren sie Stilelemente neu hinzu, die das Original nicht hatte. Beliebte Zusätze sind die heilige Wasserschale, ein runder Knopf auf der Spitze eines Urnendeckels oder eine hockende Frauenfigur auf dem Sarkophag, weil andere, bewunderte Sarkophage hierfür eine schicke Vorlage abgeben.
Das geschieht in Unkenntnis eines geschulten historischen Bewusstseins an der materiellen Kultur. Wo soll es auch herkommen? Die Fotos ihrer noch unveränderten Sarkophage von ca. 1910 bis 1920 (z.B. durch Tassilo Adam) kennen die heutigen Besitzer der Urnen und Sarkophage gar nicht. Diese frühen Bildzeugnisse sind nur in Archiven (z.B. KITL Archiv, Niederlande) und in wissenschaftlichen, älteren Fachbüchern vorhanden. Berühmt wurden nur ganz wenige Sarkophage auf Samosir, da sie bereits seit den 1920er Jahren durch den Tourismus bekannt gemacht wurden (z.B. Tomok).
Von anderen Sarkophagen befinden sich abgetrennte Teile, wie die rückwärtige Reiterin (Schamanin, Sibaso) oder aufsitzende Ahnenbildnisse, in privater, weltweiter Sammlerhand oder in Museumskellern.
Kunsthistorische und archäologische Aspekte, wie wir sie im Westen einhalten, sind den Batak sekundär bwz. nicht bekannt. Wir würden den Sarkophag und die Urne in ihrer Ursprünglichkeit bezüglich Material, Form, Stilelement und Standort belassen und bei einer Restauration nur das Nötigste verändern.
Das große Versetzen der Urnen hat vor ca. 25 Jahren in den 1980ern auf Samosir begonnen und ist noch in vollem Gange. Urnen sind kleiner als Sarkophage und lassen sich daher leichter auf erhöhte Plattformen hinauf versetzen. Es werden aber auch die kleineren, nur kniehohen Sarkophage in Hausform, die mir recht alt erscheinen, hinzuversetzt oder an den Fuß des Tugus – meist unter einen schützenden Vorsprung – gestellt. Dabei sind aktuelle Moden je nach Region auf Samosir zu verzeichnen.
Die auf das Tugu hoch versetzte Urne setzt den „Knopf“ auf die Zusammenlegung der Gebeine, sie ist Markierung für die erfolgreiche Re-Produktion der Lineage selbst. Hoch platziert auf dem Monument wird sie zum „Nabel“ der lokalen (Abstammungs)-Gruppe.