Vom Leben einer Kultur MIT Stein: die bataksche Megalith-Kultur
Der Stein war zuerst da
Zur historischen Einordnung der batakschen Megalith-Kultur
Bei den Sarkophagen und Urnen der Toba-Batak handelt es sich nicht um Monumente aus der Prähistorie oder eines vergangenen Neolith-Zeitalters, wie in früheren Studien angenommen wurde. Wie bereits der Ethnologe J.-P. Barbier in seinen neueren Veröffentlichungen bemerkt, sind diese einzigartigen Steinmonumente jüngeren Ursprungs. Auch nach meinen Recherchen gehen sie nicht über ein Alter von 400 bis maximal 500 (fünfhundert) Jahren hinaus.
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Knochen-Gold und Stein-Schatulle II - Kommentierte Bilder finden Sie >>>hier
Da noch keine Radiokarbon-Prüfungen durchgeführt wurden, bleibt als Methode zur Datierung einzig die ungefähre Rückrechnung anhand des Stammbaumes einer Lineage, wobei ich für eine Generation 25 Jahre ansetze. Ihre Stammbäume können die Toba-Batak nicht weiter als ca. 21 Generationen konkret zurückverfolgen. Hier liegen die ältesten Marga-Gründungen und damit bekannten Vorväter. Danach kommen die Batak in den Bereich der mythischen, wenig realen Genealogie bis ca. zur 25. Generation. Ab hier ist keine weitere Datierung mehr möglich.
Der Umgang und die Verwendung großer Steinblöcke als einerseits alltägliche Arbeitsinstrumente und andererseits – je nach Kontext – sakrale Objekte mögen dagegen viel älter sein. So dienten z.B. die großen Mörser dem Zerkleinern der Nahrung, der Zubereitung von Opfergaben für den Ritus, der Brautwerbung und zugleich als territoriale Markierungen für das Haus des Dorfgründers. Daraus jedoch auf eine prähistorische Megalithenkultur zu schließen ist nicht möglich. Außer, man dehnt das Neolithikum aus bis ca. 1000 nach Chr., wie dies Bonatz (2009) zur Megalithkultur weiter südlich in Sumatra darlegt.
Wann die Batak angefangen haben, Steine rundum zu behauen und hierfür zu transportieren/versetzen kann nicht festgestellt werden. Steinblöcke lagen herum; Findlinge ebenso. Ein Haus konnte direkt neben einem großen Findling aus Basalt erbaut werden, der dann abgeflacht und aus dem die Löcher zum Stampfen ausgehöhlt wurden.
D.h. der Stein war zuerst da, dann kamen die Menschen.
Auch der Hain und die Quelle waren zuerst da. Und, so zeigt es J. Angerler detailliert auf, der Hain, das Wasser und der Stein waren bewohnt.
Der neu siedelnde Mensch trat in Kontakt mit den Wesen, den „Urbewohnern“ dieser Elemente Stein, Hain/Pflanze und Wasser und arrangierte sich mit ihnen. Hierin liegt der Ursprung der Megalithkultur der Toba-Batak auf und um Samosir.
Die älteste Form der Verehrung – oder besser gesagt – der Versöhnung/Harmonisierung der Menschen mit den sie umgebenden Naturkräften liegt in der Verehrung oder sakral-symbolischen Nutzung des bloßen, markanten, ungewöhnlichen, nicht transportablen großen Steins.
Diesen Umgang mögen die neu eingewanderten, austronesisch sprechenden Toba-Batak zu Beginn ihrer Besiedlung aus den nördlichen Regionen (Ost-) Asiens mitgebracht haben. Wann das gewesen sein mag – vor 2000-3000 Jahren oder früher – ist noch immer offen.
Ähnlich verhält es sich mit dem Naturdenkmal Batu Hobon am Berg Pusuk Buhit bei Limbong. Limbong ist mit dem Tal von Sagala entwicklungsgeschichtlich das älteste Siedlungsgebiet der Toba-Batak – ebensolches berichten die mündlichen Überlieferungen. Batu Hobon ist ein ganz unbearbeiteter, relativ glatter Felsblock in natürlicher Beschaffenheit. Er gleicht einer flachen, trapezförmigen Kiste mit Deckel.
Von den Batak wird er hoch geehrt als Ort (je nach Interpretation als Grabstätte oder nur als Symbol) für den Urvater der Lontung-Gruppe: Guru Tateabulan (oder seinem Sohn Seriburaja). (Info: die Toba-Batak lassen sich grob in 2 Volkshälften – ähnlich zweier Moieties – aufteilen; eine davon ist die Lontung-, die andere die Sumba-Gruppe)
Wer prüfen wolle, ob der Deckel anzuheben sei, werde Unglück erleiden, besagen alte Legenden und mysteriöse Erzählungen. Dem altreligiösen Weltbild nach befindet sich das gesamte materielle und geistige Kulturgut der Batak in diesem Stein.
Auch die Quelle mit den Sieben Geschmäckern Air Sipitudai (am Fuße des Berges Pusuk Buhit im gleichen Tal von Limbong), die der Stamm-Ahnin Siboru Pareme (Lontung-Gruppe) geweiht ist, ist eine ursprüngliche Quelle an den Wurzeln eines imposanten Baumes neben einem hüfthohen Felsblock, in dem sich mehrere Vertiefungen zum Hineinlegen kleiner Opfergaben befinden. Er gleicht einem natürlichen Altar. Die Einheimischen sagen, diese Vertiefungen seien ursprünglich, mir selbst aber erscheinen sie von Menschenhand geschaffen. Auch hier, bei der Frühform der megalithischen Steinbenutzung, ging der Mensch zum Megalith.