(Rottenb., cs) Die Journalistin Ita Siregar begleitete mich die ersten 5 Tage meines Aufenthaltes in Sumatra im Mai 2006. Sie erlebte die allerersten Übergaben des soeben erschienenen Sidihoni-Buches in "seinem Land". Ita interviewte den Direktor der Nommensen Universität, vernetzte mich mit indonesischen Kulturschaffenden und reiste mit nach Samosir, der Insel im Toba-See. Zuletzt besuchten wir zusammen Sidihoni.
Zitat Ita: ... Ich bat Christine um Erlaubnis, mich ihrer Reise nach Sidihoni anschließen zu dürfen. Aber sie hegte Vorbehalte mir gegenüber – sie befürchtete meine mangelnde Kondition. Es gäbe unwegsames Gelände, das steinig und hügelig sei, es könne starke Regengüsse haben, man müsse mit Minimalversorgung leben, das hieße auch, in Sidihoni gäbe es keine Toiletten und keine Wasserleitungen...." ...
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>>> Unter Begleitung einer Journalistin - Reise zum See Sidihoni - pdf (1248 KB)
>>> Laporan Kejalanan ke Danau Sidihoni - Bahasa Indonesia (pdf tanpa potret2)
Von der Reise zum See Sidihoni: dem See auf dem Toba-See, der Insel Samosir
Von Ita Siregar, Jakarta, 9. - 12. Mai 2006
Vorgeschichte
Sigit Susanto, ein Indonesischer Schriftsteller, der in der Schweiz lebt, machte im Februar 2006 die Ethnologin Christine Schreiber aus Rottenburg in Deutschland über unser e-mail Forum, einem Netzwerk von Literaten, bekannt. Christine hatte soeben ihr Buch über die Toba-Batak-Kultur mit dem Titel veröffentlicht: SIDIHONI. Perle im Herzen Sumatras. Stationen und Bilder einer Feldforschung. Von Leben und Bestattung, Tradtition und Moderne bei den Toba-Batak. Wie die Autorin bereits feststellen konnte, lieben viele Deutsche Indonesien und die Batak-Kultur.
Als Christine zum ersten Mal im Jahr 1982 als Rucksackreisende nach Sumatra kam, hat sie nicht nur den Toba See und die Insel Samosir mit dem wirklich schönen See Sidihoni bei ihrer Wanderung kennengelernt. Sie lernte damals auch den heute 73-jährigen Herrn J. Simalango kennen, einen Raja-Adat, d.h. einen Spezialisten der traditionellen Kultur und der überlieferten Rechte. Ein Batak-Intellektueller, der einst die Mittelschule besucht hatte und English sowie die Nationalsprache Bahasa Indonesia beherrscht.
Das Schickal wollte es, daß sie später die Adoptivtochter dieser Familie und des Klans der Simalango wurde. Sie heißt heute dort offiziell Christine Simalango. Zwar kehrte sie damals wieder nach Deutschland zurück, aber Sidihoni rief sie erneut zu sich. Letztendlich blieb sie im Jahr 1989 als Ethnologin und Kulturwissenschaftlerin für 1 Jahr in diesem Gebiet und begann mit der Aufzeichnung ihrer Forschungsdaten über die Kultur und die (ursprüngliche) Religion der Toba-Batak. Danach kam sie noch viele weitere Male und baute auch zusammen mit ihrer Familie und den Bewohnern der Umgebung ein Adat-Haus, um die traditionelle Kultur zu erhalten.
Sidihoni liegt übrigens auf der Insel Samosir in 1330 m Höhe über dem Meeresspiegel bei angenehmem Klima um die 20 Grad Celsius und frischem Wind. Ich habe mit Christine per e-mail Kontakt aufgenommen. Und wie sollte es anders sein? Sie war gerade beim Zusammenpacken für ihre Reise nach Sidihoni im Mai 2006, um ihr soeben erschienenes, wissenschaftliches Buch ihren Adoptiv-Eltern, engen Freunden und höchst offiziell an 2 Universitäten und Bibliotheken zu übergeben. Ich bat sie um Erlaubnis, mich ihrer Reise nach Sidihoni anschließen zu dürfen. Aber Christine hegte Vorbehalte mir gegenüber – sie befürchtete meine mangelnde Kondition. Es gäbe unwegsames Gelände, das steinig und hügelig sei, es könne starke Regengüsse haben, man müsse mit Minimalversorgung leben, das hieße auch, in Sidihoni gäbe es keine Toiletten und keine Wasserleitungen.
Da wollte ich nur umso lieber mit. Ich beteuerte, daß ich die arme einfache Lebensweise meiner Landsleute – wie in ihrer Beschreibung – bereits kennengelernt hätte. Noch eine Erfahrung mehr in diese Richtung würde mich nicht belasten. Zuletzt stimmte Christine zu: ich durfte mit!
Fotos: Treffpunkt bei Familie Sidabutar in Medan
Unverzüglich stattete ich mich mit Schlafsack, Regenjacke und stabilen Schuhen aus. Christine kam zusammen mit Britta Höckh und wir hatten abgemacht, daß wir uns im Haus von ihren guten Freunden, Donna br. Sidabutar und ihrem Ehemann Frank Belter, treffen würden. Sie leben in Deutschland, verbrachten aber gerade ihre Ferien in Medan.
Christine und Britta sprachen mit Donna und Frank deutsch und mit mir und Olop, das ist Donnas Bruder, Englisch. Zwischendurch sprach Christine Indonesisch mit Olop und seiner Mutter, mußte das aber für Britta ins Deutsche übersetzen. Donna sprach Indonesisch mit mir und ihrem Bruder Olop. Wir wurden alle zu Sprachspezialisten, als wir uns zusammen unterhielten. Manchmal lachten wir herzhaft, weil wir das Gleiche zweifach übersetzen mußten.
Nun weiter mit dem Bericht in Kürze.
Dienstag, 9. Mai 2006
In der Hauptstadt Medan
Mein Flugzeug landet in Medan um 18.10 Uhr. Das Klima ist frisch, da der Himmel leicht bedeckt ist. Die Schwester von Donna, Adelina br. Sidabutar und ihr Mann Ben Siregar, holen mich vom Flughafen hab. Sie berichten, Christine und Britta seien schon seit 10.00 Uhr morgens angekommen. Wir fahren in die Straße Jalan Sinabung und als wir bei Donnas Haus ankommen, ist schon seit geraumer Zeit die Elektrizität ausgefallen. Wir unterhalten uns ausgelassen und heiter in der Abenddämmerung. Mir macht die Hitze nichts aus. Das kenne ich schon von Jakarta. Aber Christine leidet sehr drunter – es funktioniert keine erfrischende Dusche und kein kühlender Ventilator mehr. Wir stimmen unsere Tour miteinander ab, denn ich muß am 14. Mai schon wieder zurückfliegen.
Ich rufe Dr. Timbul Sinaga, SE, Dozent an der protestantischen Universität Nommensen in Medan an, um mit ihm ein Treffen für den nächsten Tag auf dem Campus zu vereinbaren, da Christine dieser Universität gerne ein Exemplar ihres Buches zur Dokumentation übergeben möchte. Nur diese Universität führt ein Archiv zum Forschungsstand über die Batak-Kultur. Wir kommen überein, uns morgen um 11.30 Uhr dort zu treffen. Wir essen zu Nacht – aber es ist noch immer finster. Es gibt leckere Möhrensuppe mit Fleischeinlage, frittiertes Freilauf-Hühnchen im knusprigem Gewürzmantel, danach frischen Fruchtsalat mit scharfer Soja-Erdnuß-Sauße. Gegen 22.00 Uhr kommt die Elektrizität wieder. (Sup wortel daging, ayam goreng kampung berbumbu garing, rujak medan berbumbu kacang tanah kasar dan pedas).
Foto: Ita interviewt den Direktor der Universität, Dr. P.M. Parsaribu. Dieser schenkt Christine sein neuestes Werk zu L.Nommensen, dem "Apostel" der Batak.
Mittwoch, 10. Mai
Buchübergabe an der Nommensen Universität
Gegen 11.00 Uhr fahren wir zu sechst, Donnas Bruder Olop Sidabutar kommt als unser Fahrer ebenfalls mit, zur Nommensen Universität. Nach der Begrüßung mit Dr. Timbul Sinaga, SE, werden wir von ihm direkt zum Direktor, Herrn Ir. Patar Pasaribu, Tropenwissenschaftler, begleitet. Ir Parsaribu erzählt, er habe früher 4 Jahre in Deutschland gelebt und dort studiert, sein Spezialthema sei Technologie in den Tropen. Nach ausführlicher Durchsicht bewertet er Christines Buch als positiv und als große Bereicherung für die Anthropologie der Batak, insbesondere deshalb, weil sie als Forscherin selbst eng involviert sei. Darüber hinaus sei sie dem Leben einiger Menschen bis zu deren Tod, Bestattung und Zweitbestattung gefolgt. Sie habe auch an den wichtigsten Ritualen der Batak teilgenommen.
Mit Begeisterung legt er Christine nahe, die Bedeutung von Saksang, dem typischen und einzigartigen Festessen der Toba-Batak, bei dem scharfes Schweinefleisch mit dessen Blut vermischt wird, näher zu erforschen. Das große Farbbild einer Schlachtung in ihrem Buch erfreut ihn besonders.
Saksang, roter Bergreis mit Schweinefleisch in Blutsoße ist das Festessen bei Batakversammlungen.
Gruppenfoto in der Nommensen Universität vor dem Bild des deutschen Missionar L. I.Nommensen.
Danach gehen wir Mittagessen und bestellen köstliche Nudelsuppe mit frisch gepreßtem Saft von heimischen Orangen. Dann fahren wir noch einmal zur Universität Nommensen, um das Dokumentationszentrum zur Batak-Kultur zu besichtigen. Ganz zufällig trifft Christine hier ihre jüngere Schwester, die Nonne Sr. Dominika, eine Franziskanerin. Sie hatte sie schon 10 Jahre nicht mehr gesehen. Sr. Ddominika staunt, als sie ein Bild von sich im Buch entdeckte, wie sie gerade Kleidung im See Sidihoni wäscht. Christine überreicht ihr ein Buch als Geschenk, damit Sr. Dominika gelehrte Kapziner-Pastoren um eine Übersetzung ins Indonesische bitten kann. Für Christine ist es eine Premiere: die erste Beteiligte ihrer Forschung erhält selbst ein Buch.
Dort lerne ich auch eine mutige Studentin aus Uniba (früher IKIP Bangung, Java) kennen, die gerade beim Lesen der Batak-Literatur vertieft ist. Sie schreibt zur Zeit ihre Abschlußarbeit zum Thema: Die Poesie der mündlich überlieferten Trauergesänge im Bestattungsritus der Toba-Batak. Wie sie mitteilte, habe sie hierzu Felduntersuchungen durchgeführt und festgestellt, daß die Klagelieder nicht mehr existieren und bereits durch Kirchenlieder ersetzt wurden.
Fotos: Christines Schwester, die Nonne Sr. Dominika entdeckt sich im Sidihoni-Buch. Vor dem Batak-Archiv, Abt.Hukum/Recht: von .li.n.re: Olop, Christine, Sr.Dominika, Frank, Britta,Ita
Zurück im Hotel, schickt mir Kurnia Effendy, der bekannte Schriftsteller und Mitglied unseres Forums, eine SMS, daß es ein Bewerbungsverfahren in seinem Büro gäbe. Weil ich kurz per Handy antwortete, daß ich gerade in Medan sei, schreibt er, ich solle ja nicht vergessen, frisch gepreßten Saft von Holländischen Tomaten (terong belanda, eine säuerliche Frucht in Tomatenform) zu trinken. Um 19.00 Uhr ist wieder Stromausfall. Oh Medan! Versuch doch mal, deinen Job zu tun!
Besuch von Kulturschaffenden
Wir hatten versprochen, uns mit Thompson Hs (Hutasogit), einem Künstler-Schriftsteller-Regisseur zu treffen. Er hat die Kurzgeschichten von Umar Kayam Seribu Kunang-kunang di Manhatten aus dem Indonesischen in die Batak-Sprache übersetzt – einzigartig, ja?! Und den Dichter Saut Situmorang bewegt, nach Indonesien zurückzukehren und in Yogyakarta zu leben. Er selbst schrieb ein Theaterstück – Opera Batak – und brachte es in Jakarta auf die Bühne. Sihar Ramses Simatupang, ein Journalist der Tageszeitung Sinar Harapan schrieb danach einen Bericht über diese Aufführung.
Fimregisseurin Duma Simanjuntak, Theaterregisseur Thomson Hs, Autorin und Journalistin Ita Siregar Journalistin und deutsch- indonesische Freunde.
Thomson Hs führt auch eine Bibliothek zur Batak-Kultur in Pematang Siantar und hat eine Galerie mit Bildern von Syahruddin Harahap in Tuk-Tuk eingerichtet. Thomson ist in Begleitung einer jungen Batak namens Dumayanti Simanjuntak. Sie hat einen Film über die extrem gefährliche Serpentinenstrecke zwischen Medan und dem Karo-Hochland gedreht und saß dabei neben den Fahrern der überladenen Kleinbusse. Er wurde von mehreren Sendern ausgestrahlt. Wir unterhalten uns begeistert, tauschen unsere Visitenkarten aus und essen zuletzt alle miteinander zu Nacht. Dabei ist es noch immer finster und werden die leckeren Speisen auf dem großen Tisch nur vom Kerzenschein beleuchtet. Es gibt gestampfte Ubi-Blätter in Kokosmilch, kleine Trockenfische mit Sojabohnen nach Medan-Art, gekochten Fisch in süß-saurer Soße und Chilipaste.
(Daun singkong tumbuk, teri medan tempe balado, ikan kembung rebus kuah asam manis, sambal). Hmm…. Hell wird es erst um 23.00Uhr – nach 4 Stunden Stromausfall. Medan oh mein Medan!
Donnerstag, 11. Mai
Fahrt ins Hochland
Der Morgen beginnt mit feinem, gebrühtem Kaffee. Ein Student der S2 Universität aus Canberry, Abteilung Asien Studien, ruft an und möchte gerne Christine treffen. Er schreibt gerade eine Dissertation über die traditionelle Religion der Toba-Batak. Leider, leider können wir uns nicht gemeinsam treffen, weil die Zeit allzu knapp ist. Wir müssen bereits für unsere Abfahrt nach Samosir packen. Um 13.00 Uhr bewegen wir uns in Richtung Tuk-Tuk, dem Ferienort auf der Insel Samosir, und passieren alsdann Tebing Tinggi und die große, geschäftige und ungewöhlich saubere Stadt Pematang Siantar. Wir schaffen es gerade, die Abend-Fähre vom Festland zur Insel Samosir hinüber um 18.00 Uhr zu bekommen. Wir bleiben im idyllisch gelegenen Hotel Carolina. Es fügt sich schön in die Landschaft ein und wurde in den 70-er Jahren erbaut. Im Gegensatz zu anderen Hotels, die noch immer unter den Auswirkungen der Finanzkrise von 1998 leiden, läuft es gut. Ein Holländisch-Indonesisches Paar besitzt das Hotel und bietet Zimmer von 20.000 Rupiah (ca. 2 Euro) aufwärts bis 210.000 Rupiah (ca. 21 Euro) an. Einige der Unterkünfte sind in der Form von traditionellen Batak-Häusern erbaut – weiträumig, sauber und mit Aussicht auf den Toba-See. Donna, die in den 90er Jahren als Reiseleiterin in Sumatra gearbeitet hatte, berichtet uns, daß in jenen Jahren viele ausländische Touristen, insbesondere Gäste aus Deutschland, in vollbesetzten Reisebussen von Medan aus kamen und in Tuk-Tuk blieben. Als Reiseleiterin zu arbeiten war zu jener Zeit äußerst beliebt und auch sehr anstrengend. “Stellt Euch vor”, erzählt Donna lachend, “weil die Touristen immer ALLES genau wissen wollten und sie nach allen Namen der Pflanzen entlang unserer Fahrtroute fragten, und ich als Reiseleiter natürlich die Namen schon wieder vergessen hatte, sagte ich einfach, diese Pflanzen heißen mit lateinischem Namen aku menupis. Doch das ist Batak-Sprache und heißt‚ ich schwindle - ahu menipu.”
Im Hotel ist es still und ruhig, nur wir sechs bestellen zu Abend. Dabei weht eine frische Luft und liegt der See ruhig und klar vor uns. Wir führen eine laute, heftige Diskussion über den Mythos und die wahren Anteile des früheren Kannibalismus der Batak und darüber, weshalb deutsche Missionare ins Batak-Land geschickt wurden und weshalb die holländischen Kolonialherren es ihnen erlaubten. Daß es eine politische Strategie war, die Mission voranzuschicken um die Menschen zu beeinflussen und anschließend das Land besetzen zu können. Ich bin verblüfft...
Essen in Tuk-Tuk und Aufflug zum berühmten Sakophag des Raja Sidabutar in Tomok. Die "Ahnenfiguren" scheinen eine moderne Kreation zu sein.
Freitag, 12. Mai
An Samosirs bekannten Plätzen
Ich wache besonders früh auf, so gegen 6.00 Uhr. Hier ist es morgens schon heller als in Jakarta. Zum Frühstück gibt es gebratene Nudeln und leckeres Huhn, dazu den feinen starken Kaffee, der auf Samosir gedeiht. Bis wir das nächste Mal essen, diskutieren wir intensiv das Problem der Firma Indorayon am Toba-See. Sie gewinnt Elektrizität durch das herausfließende Wasser des Toba-Sees bei Porsea und verursachte durch die Sprengung des Asahan-Flußbettes das Absinken des Sees um ca. 3 Meter. Deshalb mußten die Anwohner neue Anlegestellen und Häfen für die Schiffe und Fähren bauen, ebenso alle Bewohner der weiten Küstenfkanken. Seit einigen Jahren wird ein Turbinen-Projekt an der nördlichen Steilküste des Toba-Sees gebaut. Hier wird Wasser von mehreren Flüssen unterirdisch in den Toba-See umgeleitet. Plötzlich stieg das Wasser des Toba-Sees wieder um mehrere Meter. Die Bewohner mußten wieder neue Anlegestellen bauen, einen neuen Terminal für die Fähre oder neue Treppen zum Wasser hin. Aber so werden die Flußtäler austrocken… ach, ich bin durcheinander. Schrecklich! Von einer ortsansässigen Jugendlichen erfahre ich, daß die Umgebung des Turbinen-Projektes gesperrt ist.
Donna erzählt vom Geheimnis der magic mushrooms, die früher besonders gerne von Rucksacktouristen gegessen wurden. Sie rufen bei jenen, die sie zu sich nehmen, äußerst starke Halluzinationen mit Neigung zum hysterischen Lachen hervor. Sicher deshalb, weil die Pilze extra von den Einheimischen mit ihrem Medium zubereitet wurden: mit dem Kuhfladen. Ups… ! *
Wir schauen uns ohne Christine die Gegend um Tuk-Tuk an, sehen die Hotels, Cafes, Pubs, Diskotheken, Galerien, verschiedene Arten von Restaurants, die einsam und verlassen sind. Das Wetter ist klar. Die Hügel und Berge um uns treiben ein Spiel mit uns. Manchmal scheinen sie ganz nahe, dann wieder scheinen sie ganz fern. Wir gehen nach Tomok weiter, dem Platz des historischen Grabes des Rajas Sidabutar, wo es die Zeremoialpuppe mit ihren beweglichen Gliedern und die alten Steinsitze gibt. Raja Sidabutar – das ist auch der Ur-Ahne von Donna. Dort sehe ich einen Kolibri – eine sehr schöne Vogelart – der besonders geschickt fliegen kann und den Kumia Effendy in einer seiner Kurzgeschichten verewigt hat. Immer wieder sind große Baringin-Bäume (Ficus-Art) zu sehen, die vielleicht schon tausend Jahre alt sind.
Pagar Schutzsteine der vorchistlichen Religion und ein kleiner Sarkophag aus Stein mit Singa-Gesicht und Brüsten. - Annette aus dem Tabo-Cottage freut sich über das Buch-Exemplar.
Danach fahren wir zum Dorf Siallagan, wo der Raja einst über Verbrecher Gericht hielt und ihnen der Kopf abgeschlagen wurde. Wir hören den Erklärungen eines Reiseleiters für seine Gäste aus Malaysia zu, die fast alles Frauen sind. Britta und ich lachen miteinander, als wir hören, wie der Reiseleiter ihnen die kannibalistischen Praktiken der Batak plastisch vorexerziert. (Das Thema hatten wir gerade am Vorabend zusammen diskutiert). Dieser Mythos interessiert die fremde Gäste sicher am meisten. Währenddessen bedrängen uns die Souvenirverkäufer, etwas von ihnen zu kaufen. Ich traue mich nicht zu fotografieren, da ich fürchte, sie zu verärgern, weil ich nichts kaufen möchte. Donna ersteht eine aus Holz geschnitzte Maske. Britta kauft breite Reis-Löffel aus dem Horn des Wasserfüffels. Danach entdecken wir Palmfrüchte Salak Padang Sidempuan, die viel Fruchtfleisch haben, süß und saftig sind. Ein Kilo kostet nur 5.000 Rupiah (50 Cent).
Als wir zum Hotel zurückehren, ist Christine schon ins Tabo-Cottage gegangen, dem Guesthouse ihrer Bekannten, Annette, einer Deutschen, die einen Batak geheiratet hat. Sie ist äußerst bewandert in den batakschen Verwandtschaftsregeln und den Fest-Zeremomien. Christine bittet Annette darum, ihre Erfahrungenn aufzuschreiben und dies auf ihrer website www.sidihoni.com zu veröffentlichen. Als Anregung übergibt sie ihr ein Buchexemplar. Annette hatte zusammen mit ihrem Mann Silalahi 1998 in Sidihoni an der Eröffnungsfeier ihres Adat-Hauses teilgenommen.
Ihre Ferienanlage ist hübsch und und liegt direkt an der Küste des Toba-Sees. Mehrere Fremde essen gerade zu Nacht, da es hier westliche Gerichte gibt. Wenn ich mich nicht irre, schickt Kurnia Effendy in diesem Moment eine sms und berichtet mir von dem positiven Verlauf des Wettbewerbs in seinem Büro. Ich antworte mit Begeisterung. Weil ein Gewitter kalten Regen und Wind gebracht hat, bestellen Britta und ich Knoblauchbrot nach deutscher Küche und extra scharfe indonesische Nudelsuppe. Ich bin verblüfft darüber, wie Britta die gesamte scharfe Brühe leerschlürft. Da kann ich selbst nicht mithalten. Sie lacht vergnügt, weil mir bei dieser Schärfe schon die Tränen kommen. Wundert euch nicht, sie ist sicher eine Indonesierin, die sich als Deutsche tarnt!
Ein Dorf mit nur zwei Häusern und einer Mauer aus Steinquadern herum. Am Giebel ist ein farbiges Singa-Relief.
Samstag, 13. Mai
Bei Tolping und Simanindo
Um 9.00 Uhr morgens sind wir bereit zur Abfahrt nach Sidihoni. Ich bin gespannt und voller Vorfreude. Olop und Britta haben es bereits geschafft, das offene Fenster an seinem Jeep mit einer Plastikverdeckung zu reparieren, da der automatische Schließmechanismus nicht mehr funktioniert. Jetzt wird Christine Reiseleiterin. Sie kennt die Ecken von Samosir seit 16 bzw. 23 Jahren am besten, als sie viele historische Plätze aufsuchte und überall mit den Menschen sprach. Wir kommen an Topling vorbei, wo es bedeutende Ahnengräber aus Stein und alte Urnen gib. Sie wurden rundherum mit einem Anstrich versehen und anschließend zu neu erbauten Betongräbern hinversetzt. Derartige Arrangements ergeben einen eigenen, historisch-modernen Eindruck.
Die Sarkophage bei Tolping sind sehr eigenwillig und würden bereits im Forschungsbuch von Barbier-Müller dargestellt.
Dort fotographiere ich eine Gruppe Kinder, die laut rufen: „Foto-Foto, macht Fotos von uns.“ Wir fahren an einer Schneise von gerodetem Pinienwald vorbei, wo die Stämme aufgestapelt bereit zum Abtransport mit den Lastwagen liegen. Wahrscheinlich werden sie zur Zellstoff-Fabrik Indorayon bei Porsea gebracht. **
In einem Dorf entdecken wir etwas Einzigartiges. Zwei Adat-Häuser befinden sich in einem weiträumigen, schattigen Hof und sind von einem Steinwall umgeben, auf dem Bambusbüsche wachsen. Die Mauer stammt noch aus der Zeit der Holländer, um Überfälle zu verhindern. Beeindruckend, denn der einzige Zugang zum Dorf ist der schmale Mauer-Tunnel. In Sakal vor Simanindo zeigt uns Christine zwei ungewöhnliche alte Steingräber, die sie bereits in ihrem Buch veröffentlicht hat und die aus Steinquadern hergestellt sind.
Eine steinerne Mauer schützt ein Dorf mit zwei Häusern. Die Batak waren früher sehr kriegerisch.
Bei Simanindo kommen wir in das bekannte Dorf Huta Bolon, das schon seit vielen Jahren zum Freilicht-Museums geworden ist. Das Dorf ist von einer hohen Steinmauer umgeben und mit großen Bambusbüschen umwachsen – es gibt nur eine Toröffung. Das Haus des Fürsten nennt sich Rumah Bolon (das große Haus), die Reisspeicher nennen sich Poso. In der Mitte zwischen dem Fürsten-Haus und den Reisspeichern befindet sich der Dorfplatz für das Spiel des Gondang-Orchesters und zum Schlachten des Büffels. Außerhalb des Komplexes liegt ein großes Boot, das dem Raja zum Transport und zur Kriegsführung diente.
Jeden Tag werden hier für Touristen aus nah und fern traditionelle Toba-Batak-Tänze aufgeführt. Hinter dem Museum reichen zwei fürstliche Baringing-Bäume weit in den Himmel hinauf. In ihrem Geäst leben weiße Reiher mit langen schlanken Körpern und Beinen und fliegen beständig um die Bäume herum. Sie vermehren sich dort schon lange und sind eines mit dem Museum geworden. Auch über den verhehrenden Brand des Musums hinaus... Den gesamten, langen Weg entlang sind Ahnengräber sichtbar. Unglaublich viele. Deshalb heißt die Insel Samosir auch die Insel der Tausend Grabmale. Die Vorfahren und Ahnen der Batak werden noch immer hoch geehrt.
Die Weberin in Huta-Raja bietet uns feinste Ulos an. Alte Urne auf neuem Tugu bei Tolping.
Christine führt uns zu einer Weberin von traditionellen Ulos, da sie ihr ein Photo von ihrer Großmutter überreichen möchte, das sie auch im Buch veröffentlicht hat. Wir fahren an einem ganz modernen Grabmal in der Form eines Bienenstockes vorbei, das ein hoher General in Jakarta erbauen lies. Rechts von uns liegt der Toba-See, er begleitet uns die ganze Strecke entlang und gibt eine weite, klare Aussicht frei. So erreichen wir Pangururan, die Hauptstadt des Landkreises. Hier essen wir Goldfisch und Fisch in süß-sauerer Soße, eine Batak-Spezialität mit vielen Gewürzen. (Ikan mas, ikan mujaer arsik, susu kerbau) Es wird auch Büffelmilch-Quark serviert. Britta ruft entzückt auf, als sie das sieht. Wie lecker! Doch nach meinem Empfinden paßt der Geschmack gar nicht zum Reis dazu. Aber Britta schöpft sich davon eine große Portion auf ihren Teller und beginnt mit ihren weißen Händen – auf traditionelle Art – zu essen. Wir schließen das Essen mit frisch gepreßten Fuchtsaft von Holländischen Tomaten und Avocados ab. Sehr erfrischend.
Die Fahrt auf die Höhe der Insel Samosir gibt den Blick auf Pangururan und Pusuk Buhit, den Nabelberg, frei.
Am Ziel: Sidihoni!
Um 15.00 Uhr fahren wir den Berg hinauf nach Sidihoni, ca. 7 km von Pangururan aufwärts in Richtung Ronggur Ni Huta. Die Straße ist nicht schlecht, nur ab und zu gibt es ein paar tiefe Schlaglöcher. Frank sagt dann jedesmal „ Road kaputt“ in einer Mischung von English und Deutsch. „Road kaputt!“ So erreichen wir die Höhe. An einem schönen Aussichtspunkt halten wir an. Von hier aus kann man schon den See Sidihoni in der Ferne sehen. Mein Blut fließt schneller.
An diesem Platz wartet schon Christines Vater Herr J. Simalango im Haus seiner Freunde, um uns zu begrüßen. Wir hören die Stimme des alten Mannes, wie er ruft „Ris, Ris“, der neue Name von Christine. Das Wiedersehen ist sehr bewegend. Christine ruft uns zu: „Schnell.. zu Fuß…los!“ So laufen wir mit den nackten Füßen und voller Freude zum Haus ihrer Eltern in Richtung See Sidihoni hinüber.
Sidihoni ist schön. Es ist hügelig dort und sieht aus wie auf einem Golfplatz, dazwischen leuchten viele Kaffeesträucher mit dunkelgrünen Blättern und rot-schwarzen Früchten in der Sonne. Das Gras ist frisch, ganz kurz und hart, da es von den Büffeln oder Rindern abgefressen wird. Nahe am See ist die große katholische Kirche sichtbar.
Zu Fuß um den See mit Herrn Simalango im Gespräch
Während sich Britta und Christine mit ihren weiblichen Familienmitgliedern im Adat-Haus unterhalten, folgen wir Herrn Simalango, der uns zum See führt. Er liegt ruhig vor uns, aber während er noch vor dem großen Erbeben über 24 Hektar bedeckte, ist er seither tief abgesunken und auf nur wenige Hektar geschrumpft. Eine Folge des Erdbenbens nach dem Tsunami. Mehrere kleine, geschützte Quellen entlang des Sees spenden klares, sauberes Wasser. Gemäß Herrn Simalango geben sie immer frisches Wasser, obwohl der See schon seit einem Jahr so stark austrocknet ist. Von diesen Quellen erhalten die Anwohner reines Trinkwasser. Zwei Tage, bevor der Tsunami Aceh zerstörte, wuschen zwei junge Frauen Wäsche am Rande des Sees Sidihoni – und plötzlich verschwanden sie. Sie wurden auf den Grund des Sees gezogen und tauchten nie wieder auf. “Das ist das Zeichen”, sagte der alte Mann mit seinem spindeldürren Körper und lief dabei grazil und voller Engergie weiter. Sie waren vorbereitet und haben dieses Zeichen nicht ignoriert. Danach kam die große Flut des Meeres und das Beben.
Das Haus bekommt ein Label und wird Stätte der Buchübergabe an die Adoptiv-Eltern.
Geschenke, Gefahren und Segen
Wieder zurück im Adat-Haus, übergibt Christine ihren Eltern das Buch. Auf diesen Moment hatte Christine 5 Jahre lang während ihres langen Schreibens gewartet. Es ist ihr die größte Freude, den Einheimischen auf diese Weise ihren Respekt zu erweisen. Wir alle sind Zeugen dieses Aktes, wobei wir frisch gebrühten Kaffee aus Mutters Garten schlürfen – eine der weltbesten Sorten! Vater Simalango wünscht Christine weiterhin viel Erfolg und berichtet mit Stolz, der Name Ris bedeute: “Eine der Ihren.”
Christine erklärt ihrer Mutter, daß sie nicht für uns ein Begrüßungsessen kochen brauche, da wir nur kurz da seien. Sie weiß, Mutter würde hierzu eines ihrer Hühner schlachten, was viel Zeit in Anspruch nimmt. Als Ersatz hierfür gibt uns Mutter von ihrem Reisvorrat – ein spezieller Hochlandreis mit roter Schale – mit auf den Heimweg.
Kaffe aus dem eigenen Garten für die Besucher aus der Stadt
Um 18.30 fahren wir wieder ab. Es beginnt stark zu regnen. Olop fährt vorsichtig. Donna verfolgt den Weg gespannt. Die Straße ist wirklich sehr finster und es gibt keine Straßenbeleuchtung. Nur an wenigen Stellen sind Reflektoren. Bei Sakkal stürzen wir fast einen steilen Abhang hinab, weil die Straße plötzlich abbricht und keine Warnschilder oder Sperren angebracht sind. Im starken Regen und totaler Dunkelheit muß Olop rückwärtsfahren. Wir steigen aus und schreien alle zu ihm vor, wie er nun lenken solle. Letztendlich finden wir die richtige Abzweigung und passen den restlichen Weg alle miteinander ängstlich auf, daß so etwas nicht noch einmal passieren möge, denn bis zum Hotel regnet es weiterhin in Strömen. Zusätzlich ist das Fahrerfenster nur mit Plastiktüten verkleidet und behindert damit das bißchen Sicht im Finstern. Als wir uns das im Hotel noch einmal aufgeregt erzählen, kommentiert Olop mit Kopfschütteln, unser Geschrei habe ihn in dieser Situation wirklich sehr verwirrt. Hätten doch vier Frauen versucht, ihm die Richtung zu weisen! Da antwortet Frank, „Jetzt wißt ihr, weshalb ich einfach still hinten dran stand und euch zusah, wie ihr alle herumlieft und gebrüllt habt.“ Oalah.. *
Eine Weile später aber sagt er mit tiefem Respekt in seiner Stimme: “Wir haben von Mutter Simalango den Bergreis mitgenommen. Er soll uns Segen bringen. Sicher ist es der Reis, der uns beschützt hat!” Christine bestätigt dies aus ganzem Herzen. Ja, das ist Batak. ***
Sonntag, 14. Mai
Rückfahrt – durch weitere Batak-Länder
6.30 Uhr Morgens. Adieu Samosir! Donna, Frank, ich und Olop fahren nach Medan zurück, Christine und Britta bleiben noch drei Tage um sich auszuruhen und Megalithen-Gräber zu erkunden. Dann wollen sie nach Sidihoni hoch bis sie am 26. Mai wieder zurück nach Deutschland fliegen. Donna wird meine Reiseleiterin, als wir das Hochland an der Küste des Toba-Sees entlangfahren. Wir erreichen die erste Fähre und frühstücken in Parapat. Die Luft ist kalt und frisch. Der Kaffe beginnt schon wieder sauer zu schmecken, aber der Baumtomatensaft ist fein. Wir fahren eine sehr lange Straße entlang, durchqueren Wald und sehen zu unserer Linken in der Tiefe den Toba-See ruhen. Hinter Sipolha steht eine Beton-Skulptur in Form eines gigantischen Goldfisches, das Symbol des Toba-Sees.
Wir kommen nach Pematang Purba im Gebiet der Simalungun-Batak und besuchen dort das Adat-Haus des Fürsten in einem großes Museumsareal. Der 12. Raja, der auch Tuanku Rahalimgenannt wurde, hatte 12 Frauen und alle diese Frauen wohnten in einem einzigen sehr großen Adat-Haus. Der Fürst wohnte im hinteren Teil des Hauses in einer Kammer mit 2 Frauen und den Instrumenten der Gondang-Musik. In der Küche nebendran kochte die jüngste Frau und servierte dem Raja das Essen. Der Raja schickte seinen Adjutanten zu jener Frau, mit der er nächtigen wollte und übersandte ihr hierzu einen Betelpfriem. War die Frau bereit, erwiderte sie: ich möchte mit dem Raja zusammen Betel kauen.
Donna erzählte, früher seien viele Touristen hierher gekommen und haben sich an der Geschichte des Rajas mit den 12 Frauen erfreut, aber jetzt würde das Museum nicht mehr gepflegt werden, nur noch das Raja-Haus erscheine in gutem Zustand. Wir fahren auf eine weitere Berghöhe. Simarjarunjung. Hier ist es noch kühler. Wir trinken Bandrek, einen scharfen, heißen Gewürztee – die Spezialität dieser Gegend. Er schmeckt nach Ingwer und Pfeffer, dazu gibt es feine fritierte Bananen. Frank erinnert Donna: „Nicht wahr, wir kommen jedes Jahr hierher zum Bondrek trinken und Bananen essen.” Donna lacht nur. Es ist schon das fünfte Mal, daß sie hier vorbeikommen. Beim Verabschieden sagte Frank zu den Beschäftigen: „Bis zum nächsten Mal!“.
Blick auf Tongging und den Sipiso-piso Wasserfall (wörltich: das scharfe Messer), Naturdenkmal im Karoland
Zuletzt kommen wir ins Karo-Land, Tongging, hier ist der große Wasserfall Sipiso-piso. Auf der Fahrt von Simarjarungjung nach Tongging liegen Simalungun-Dörfer, die breit und hübsch angelegt sind. Der Toba-See ist den ganzen Weg über sichtbar, je entfernter desto schöner, desto ruhiger. Hügel und Berge recken sich in die Höhe, einige von ihnen liegen im Schutz von Wolkenschatten, andere leuchten in der gleißenden Sonne. Was ist das hier für eine Weite, welch eine Stille! Überwältigend! Die Straße bildet eine lange, dünne Linie und schlängelt sich kurvig entlang des Abhangs. Hier muß man sehr vorsichtig fahren. Falls nicht, holt einem der Tod. An einer Kante wären wir fast abgestürzt. Die Aussicht auf den Sipiso-piso Wasserfall ist zauberhaft. Weit fällt der Fluß von der Kraterkante in die Tiefe, 1.200 Meter. Der Wasserstrahl erscheint aus der Ferne wie ein dicker Baumwollfaden. Der Toba-See liegt weit ausgebreitet vor uns in der Kratertiefe. So ruhig, als wäre dies ein niemals gezeichnetes Gemälde. Wir spüren die unglaubliche Weite der Natur und ihre ganze Schönheit. Beim Blick über die vor uns liegende Landschaft will uns die Gravitation der Erde in die Tiefe ziehen.
Wir müssen wieder weiter in Richtung Kabanjahe, nahe Berastagi im Karo-Batak-Land. Der Toba-See folgt uns schon nicht mehr. Hier ist Nebel, der zunehmend dichter wird. In der Kühle essen wir gegrilltes Schweinefleisch nach Karo-Batak-Art (babi panggang), das entlang der Hauptstraße angeboten wird. Donna kauft eine reife dicke und gesunde Ananas. Olop rast. Wir kommen um 17.00 Uhr am Flughafen in Medan an. Ach, vielen Dank, Freunde, für diese großartige Tour.
Ich renne zum Counter von AIRASIA, aber sie sagen, der Abflug sei auf 20.10 Uhr verschoben worden. In Wirklichkeit fliegen wir erst um 20.30 Uhr. Den ganzen Flug verbringe ich in tiefstem Schlaf, bis zur Landung am Flughafen Cengkareng um 23.00 Uhr. Dann fahre ich den langen Weg nach Hause mit einem Taxometer-Taxi. Um 24 Uhr steige ich aus und zahle die Fahrt – in dem Moment erlebe ich, was Bankrott bedeutet.
Anmerkungen Scheiber:
* Die Pilze wachsen auf und um Kuhfladen, ihr Wirkstoff ist Psilocybin, ähnlich dem Peyote; meines Wissens wurden sie aber niemals mit dem Kuhfladen zubereitet.
** Näheres zu den sozialen und ökologischen Problemen, die die Firma Indorayon verursacht, finden Sie im Archiv von Watch Indonesia!, www.watchindonesia.de
*** Drei Tage später inspizierten wir die Stelle: in jener Nacht hatte Olop intuitiv nur wenige Meter vor dem senkrechten Absturz in ein fast ca. 8 Meter tiefes Flußtal gehalten. Die dazugehörige Brücke war entfernt worden und die geteerte Straße endete abrupt am Steilhang. Das hätten wir nicht überlebt.
Info: Ita Siregar ist Journalistin, Redakteurin & Autorin. Sie arbeitet bei der indonesischen Zeitschrift FEMINA. Ihre Novelle: Just looking for Daniel – Mencari Daniel, erschien 2005 in Jakarta.
Copyright der Fotos im Artikel: Britta Höckh, Donna Sidabutar, Ita Siregar, Christine Schreiber
Übersetzung ins Deutsche: Christine Schreiber
Wie es weiter geht – die Audienz beim Erzbischof Anicetus Sinaga in Medan – weitere Fotos >>>hier
Zum ausführlichen Gesprächsprotokoll mit Erzbischof Sinaga: >>> Ein amüsanter Abend mit Tiefsinn
Und wie steht es um den gesunkenen See Sidihoni? >>>mehr hier auf dieser Website