Im Land der Yetis
25.07.2013
Der Tee vom Mittagessen steht noch auf dem Tisch, als wir durch eine Gewitterfront fliegen und er sich wenige Sekunden spaeter in einem Luftloch aus dem Staub macht und sich auf meiner Hose verteilt. Ein Anflug von panischer Flugangst erfasst mich, als wir zum steilen Landeanflug ins Kathmandu-Tal ansetzen, habe ich doch schon gehoert, dass der Flughafen von Kathmandu, von einer Bergkette mit 3000ern umgeben als der schwierigste der Welt im Bezug auf die Landung gilt. Etliche Maschinen verfehlten schon die Landebahn. Die Kinder finden das alles ganz lustig, wie schoen kann Unwissenheit sein. Schon kommen erste Haeuser in Sicht und wir landen auf der vorgesehenen Spur. Bei der Immigration geht es recht unkompliziert zu, in 15 Minuten haben wir unser Visum im Pass, koennte es nicht in Indien aehnlich einfach sein?
Vor dem Flughafen treffen wir einen Mann, der uns sein Guesthouse zeigen will, wie dumm, dass wir schon von Mumbai reserviert haben. Das macht gar nichts, meint der, wenn es uns dort besser gefaellt, Reservierung hin oder her, koennen wir bleiben. Das Ende vom Lied ist, dass wir 5 Unterkuenfte anschauen muessen - der Taxifahrer hat da auch noch einige gute Tips - bis wir uns fuer das Reservierte entscheiden. Eigentlich sind alle toll, mit Garten und Balkon.
Kathmandu ist eine schoene mittelalterliche Stadt, die frueher an der suedlichen Seidenstrasse, der Verbindung zwischen Indien und China gelegen war. Es gibt viele alte Tempel und Haeuser anzuschauen, nur leider ist durch den dichten Verkehr durch die engen Gassen die Luftverschmutzung so extrem, dass man, ausser es regnet gerade, eigentlich immer in einem Nebel von Staub und Abgasen versinkt. Kein Wunder, dass viele Einheimische Atemschutzmasken tragen. Die Vorstellung, dass die ersten Hippies, die hier in den 60ern ankamen, die Stadt voellig ohne Autos erleben durften, ist irgendwie romantisch und unreal, aber so muss es gewesen sein. Nepal hat sich erst 1950 dem Westen geoeffnet und reisen und trekken wurde moeglich.
Am erstenTag wollen wir voellig uebermotiviert gleich zur indischen Botschaft, um unsere Visa zu beantragen, bis uns auffaellt: auch die hat sonntags zu! Also fuellen wir schon mal in aller Ruhe die Online-Formulare aus, um dann am Montag Morgen um acht vor der Tuer zu stehen. Die Visastelle macht erst um 9:30 auf, aber wer nicht frueh genug da ist, wird auf den naechsten Tag vertroestet. Die Schlange waechst, Chinesen, Deutsche, Englaender, Amerikaner, international sind wir hier und alle wollen nach Indien.
Als wir dann endlich an der Reihe sind, stellt sich heraus, dass ein Mitglied unserer Reisegruppe es weder geschafft hat, die eigene Passnummer richtig einzutragen, noch das richtige Geburtsdatum unseres Sohnes. Strafarbeit! So geht das aber nicht, das machst du jetzt schoen nochmal, damit du es lernst!! Um 12 Uhr sind wir dann endlich fertig und machen uns auf den Rueckweg in die stinkende Stadt. Am Freitag duerfen wir dann nochmal Schlange stehen und unsere Paesse abgeben, um am naechsten Montag dann unser Visum in Haenden zu halten -Inshallah!
Die uns bleibenden 2 Tage fahren wir nach Dhulikhel, einem Dorf am Rand des Kathmandu-Tals gelegen und versprechen uns Ruhe, frische Luft und vielleicht eine bessere Aussicht auf den Himalaya, als von der Dachterasse in Kathmandu. Den Everest werden wir wohl kaum zu sehen bekommen und auch mit den anderen 8000ern wird es schwierig werden, da sie waehrend dem Monsun fast immer in Wolken sind. Aber mal davon abgesehen ist es sehr nett in Dhulikhel, wir wohnen bei einer Familie, die nur 3 Zimmer zu vermieten hat und sollen uns wie zuhause fuehlen, unsere Kinder koennen im ganzen Haus spielen und jeder Bloedsinn, den sie aushecken wird verziehen. Am naechsten Tag wandern wir zu einem Tempel mit 360 Grad Rundumblick auf die wolkenverhangenen Berge und geraten auf dem Rueckweg in einen heftigen Regenschauer - ohne Regenschirm oder Jacken, was sind wir optimistisch!
Es ist manchmal schon ungewohnt und auch schlimm, wieder in einer Gesellschaft angekommen zu sein, in der Alkohol zum Alltag gehoert und damit leider auch Alkoholmissbrauch. Als wir um 4 von unserer Wanderung zurueckkommen hat der Mann bestimmt schon eine halbe Sprite-Flasche seines Selbstgebrannten vernichtet und ist sehr gespraechig. Im Laufe des Abends wird es immer schwieriger, sein Englisch zu verstehen, wobei sein Mitteilungsbeduerfnis exponentiell ansteigt. Hoeflich hoeren wir zu und der allabendliche Power Cut gibt uns endlich die Gelegenheit, uns zu verabschieden. Nepals Stromversorgung besteht zu 100% aus Wasserkraft, was zu haeufigen Engpaessen fuehrt. Sogar in Kathmandu wird der Strom oefter abends abgeschaltet. Die vielen Diesel-Generatoren tragen ihr uebriges zur Luftverschmutzung bei.
Dann an unserem letzten Morgen in Dhulikhel -es ist wie ein Traum- reisst die Wolkendecke auf und der Nebel sinkt nach unten ab und gibt die Sicht frei auf die ganze Gebirgskette!