Yazd bei 45 Grad und eine Entscheidung
- Änderung der Reiseroute - 02.07.2013
Wir ueberlegen gerade, wann wir das letzte Mal Regen hatten. Das war glaube ich in der Tuerkei am Nemrut Dagi. Vasco hatte gemeint, dass er Angst hat, es koennte durch den Tuerspalt reinregnen und wir spontan lachen mussten. Wir sind mitten in der Wueste in Yazd und schwitzen bei 45 Grad im Schatten oder verbringen den ganzen Nachmittag in unserem Zimmer im Silk-Road Hotel, was unsere Kinder nur bedingt toll finden.
Viel Zeit zum Nachdenken. Pakistan wird immer mehr zu einem grossen Fragezeichen, im Norden wurden gezielt 10 Touristen von einer Organisation, die den Taliban nahe steht, getoetet und mehr Opfer angedroht 'they are all our enemies!'
Wie so oft hat auch diese ploetzliche Eskalation ihren Grund in einer Aktion der Amerikaner, die mit einer Drohne den zweithoechsten Talibanfuehrer abgeschossen haben. Ich will nicht versuchen, die Taliban in irgendeiner Form zu verteidigen, es trifft immer unschuldige Menschen. Jedoch kurz ein Zitat von Juergen Todenhoefer, das ich sehr treffend finde in dem Zusammenhang:
Der Terrorismus, der uns weltweit entgegenschlaegt ist eine Antwort auf die Brutalitaet, mit der wir Westler seit Jahrhunderten die Traeume anderer Voelker zerstoeren. Erst wir Europaeer, dann die Amerikaner. Dass es unsere Gewalt ist, die uns weltweit als Bumerang entgegenfliegt. Jede Bombe, die wir in Afghanistan abwerfen, landet wieder bei uns. Die Kriege in Afghanistan und im Irak sind Terrorzuchtprogramme.
Fuer uns aendert es nichts, wir sind Touristen aus dem Westen und daher Ziel von Terroristen, die keine Skrupel haben zu toeten in ihrer Wut.
Mittlerweile haben wir die 2 Motorradfahrer aus Isfahan identifiziert, es ist Bernie (www.asiabike.de), mit dem wir bereits in Deutschland Kontakt hatten. Sie haben auch beschlossen, dass Pakistan zu unsicher ist und ansonsten ist auch in Yazd keine Spur von weiteren Overlandern. Gestern haben wir 2 Schweizer getroffen, die fast genau dieselbe Tour machen wie wir, nur mit dem Rucksack. Sie werden von Teheran nach Bombay weiterfliegen.
Also Plan B: Pingu wird von Bandar Abbas am persischen Golf nach Bombay verschifft und wir fliegen via Dubai nach. Das klingt erst mal einfach, bei mir kommen aber schwache Erinnerungen hoch, wie ich mal versuchte in Madras etwas aus dem Zoll zu bekommen. 2 Wochen und viele Nerven hatte es damals gekostet und das mit Hilfeeiner Clearing-Agency. Ich will damit sagen, es ist weder der einfachere, noch der billigere Weg, aber auf alle Faelle der sicherere.
Wir finden einen wahren Engel namens Fatima im Reisebuero des Hotel Dad, sie telefonniert den ganzen Vormittag, um einen Container fuer uns zu organisieren. Die schlechte Nachricht: wir koennen den ganzen Papierkram nicht von Yazd aus erledigen, sondern muessen nach Bandar Abbas. Die gute: es ist nicht, wie schon vermutet noetig, nach Teheran zu gehen.
Ausserdem ist ein netter Mann von der Tourist Police durchaus willig, unser Visum um weitere 30 Tage zu verlaengern, mehr noch, es geht in jeder beliebigen Stadt im Iran, allerdings erst 3 Tage vor Ablauf. Wir wollen doch nicht die Regeln brechen?
Wir tratschen noch etwas ueber die Tatsache, dass die iranische Polizei ein guter Kunde von Mercedes ist und es werden Bonbons an die Kinder verteilt.
Auf dem Rueckweg erstehen wir noch eine lokale Sim-Karte, sicher besser, wenn wir erreichbar bleiben. Dann ist erst mal Siesta angesagt. Die Strassen leeren sich drastisch gegen 14 Uhr und man trifft die ersten Leute wieder um 7, kurz vor Sonnenuntergang. Gestern hatten wir uns schon ein wenig ein Bild der Altstadt machen koennen. Im Grunde besteht diese aus denselben Gebaeuden, wie die in Toudeshk, mit sonnengetrocknetem Schlamm verputzt, nur viel aelter. Sie sind von hohen Mauern umgeben und interessant wird es eigentlich erst, wenn man die Moeglichkeit hat, die Innenhoefe anzuschauen. Da die Leute sehr stolz auf ihre Haeuser sind, werden wir oft gereingebeten oder duerfen auf eine der Dachterassen, um die Aussicht zu geniessen.
Dann wird das Silk-Road Hotel doch noch zum Overlander Treff. Wir waren gerade unterwegs zu einer Tour in die Wueste, da parken 4 Motorraeder neben unserem Bus. Es ist Bernie ! Ich erkenne ihn sofort, naja, es sind so wenig Leute hier unterwegs, dass man sich einfach kennen muss. 'Ach ja, Maria aus der Schweiz, von der haben wir auch gehoert!' Bernie und sein Kumpel sind mit 2 Hollaendern unterwegs. Die sind noch entschlossen nach Pakistan zu fahren, weil sie eine teuere Tour durch China gebucht haben. China macht es Selbstfahrern nicht eben einfach, man darf eigentlich nur mit einer gefuehrten Tour einreisen und muss zudem vor der Einreise einen chinesischen Fuehrerschein machen (!), weswegen der Weg ueber China mit dem eigenen Fahrzeug nicht gerade der optimale ist. Anders sieht das natuerlich bei Radfahrern oder Backpackern aus.
Nach langem Diskutieren entscheiden sich alle 4 zurueck nach Teheran zu fahren und die Nordroute ueber Turkmenistan zu fahren. Wieder keine Foerderer des pakistanischen Tourismus....
Wir sind bereits 5 Tage in Yazd und wollen morgen weiter, unsere Kinder wollen mal wieder nichts wissen von der Siesta und wir sitzen im Innenhof und unterhalten uns mit Iwan, einem Indonesier, und sie planschen im Wasserbecken. Ploetzlich laeuft uns Vasco blutueberstroemt und schreiend entgegen. Riesenplatzwunde ueberm Auge, war wohl ausgerutscht und hatte einen Stein im Becken erwischt. Innerhalb von Sekunden steht ein Taxi vor der Tuer, wir mit beiden klatschnasssen Kindern ins Auto und ab ins Krankenhaus. Wir kommen sofort dran, die Wunde wird genaeht und verbunden. Eine Stunde spaeter sind wir wieder am Hotel und lassen uns mal uebersetzen, wie wir das Medikament einnehmen sollen, das wir eben in der Apotheke erstanden haben. Wofuer es ist? Aeh, keine Ahnung, vielleicht gegen Schmerzen, oder ein Antibiotika? Egal, ihr sollt das nehmen und gut..
Unser Aufenthalt wird sich hier noch etwas verlaengern, erst liege ich mit Fieber im Bett, das erst besser wird, als ich mir Antibiotika einwerfe. Waehrenddessen unternimmt Patrice mit den Kindern einen Ausflug zum Feuertempel nach Taft. Auf dem Rueckweg sieht er, dass die rechte Achswellenmanschette gerissen ist. Saemtliche Gummiteile sind wohl der Hitze nicht so gewachsen. Hilft nix, wieder mal in die Werkstatt und nach einer dreistuendigen Reparatur ist unser Bus um ein Peugeot-Teil reicher.
Jetzt noch was zur Kultur. Fast schon aus Langeweile stolpern wir an unserem letzten- und definitiv letzten Tag in den hiesigen Feuertempel. Dort brennt ein Feuer, das anscheinend schon ununterbrochen seit 470 v. Chr. brennt. Was hat es nur mit diesen Tempeln auf sich?
Wir machen uns schlau: Das Feuer ist Gebetsort der Zoroastrianer. Diese Religion war im Iran vor der Islamisierung der vorherrschende Glaube. Sie waren Anhaenger von Zarathustra, der ungefaehr zwischen 1000 und 1500 v. Chr. geboren wurde. Ein wichtiges Element der Religion war die Verehrung des Feuers und ein Totenkult, bei dem die Toten, um die Umwelt nicht zu belasten in hohen Tuermen beigesetzt wurden, sogenannten Tuermen des Schweigens, die man in der Gegend auch noch besichtigen kann. Diese Tradition wurde im Iran erst vor 2 Generationen aus hygienischen Gruenden verboten. Weltweit gibt es noch 200.000 Anhaenger und im Iran sind es noch ca. 20.000, davon 4000 in Yazd. Das Feuer, das wir heute gesehen haben, wird als die Mutter aller Feuer des Zoroastrinismus angesehen, weitere Feuer sind aus diesem entstanden. Und wir waren da!