Pulau Nasi- die letzte Station mit Pingu
Sonntag, 29. Dezember 2013
In Banda Aceh verlieren wir keine Zeit und gehen gleich zur Einwanderungsbehoerde, um unser Visum zu verlaengern. Diesmal wird nachgefragt, warum wir eine so lange Verlaengerung wuenschen. Man nimmt sich sogar die Zeit, uns 'zuhause' in Lamtemen zu besuchen, um zu sehen, wie wir dort wohnen. Wir sitzen mit dem Beamten auf der Terasse und halten Smalltalk. Unser Auto will er auch noch kurz sehen, dann braust er auf seinem Dienstmotorrad davon. Nach 5 Tagen bekommen wir dann wie zugesagt die gestempelten Paesse zurueck.
Seit wir herausgefunden haben, dass eine Autofaehre nach Pulau Nasi faehrt, ist klar: wir wollen mal schauen, wie es dort aussieht. Alle gehen nach Pulau Weh, die Inseln westlich davon sind aber nirgendwo erwaehnt und nicht viel kleiner. Man sagt uns aber, es sei schwierig, da es keine Unterkuenfte gibt und auch keine (!) Restaurants. Nun ja, Feni und Agiel wollen uns begleiten und Feni kocht 2 grosse Schuesseln Reis und Fisch scharf-sauer nach Aceh-Art und noch einen grossen Topf mit Tomatensosse fuer die Kinder. Wir werden also im Notfall erst mal nicht verhungern.
Die Faehre faehrt dreimal die Woche und wir sind 2 Stunden vor Abfahrt am Hafen. Dunkle Wolken haengen ueber dem Meer und es stuermt, das ist kein tolles Wetter fuer eine Bootsfahrt. Die Faehre ist klein, gerade 8 Fahrzeuge passen drauf und ich fange schon an, ueber Alternativen (Pulau Weh mit der grossen Faehre) nachzudenken. Tatsaechlich biegt der Blechhaufen mit einer Stunde Verspaetung in die Hafeneinfahrt ein. Viele Leute wollen nicht mitfahren. Wir sind das einzige Auto auf der Faehre, noch ein paar Mopeds gibt es und eine Familie mit 2 kleinen Kindern. Siann hat ihren Mann besucht, er liegt mit Dengue-Fieber im Krankenhaus. Sie laedt uns ein, bei sich zu wohnen, ihr Haus ist in der Naehe des Hafens. Na also, wer braucht schon Unterkuenfte?
Patrice hat gerade unsere Tickets gekauft, da meldet sich der Captain zu Wort. Heute wird er nicht mehr abfahren, die Wellen sind zu hoch. Wir warten auf morgen, um 6 Uhr soll es losgehen, da sei das Meer meistens ruhig. Der Vater von Siann erzaehlt uns noch im Vertrauen, dass die Faehre eigentlich eine Flussfaehre ist, die zuvor in Borneo fuhr und keinesfalls hochseetauglich sei. Schoen, das zu wissen! Wir fahren die Familie nach Ulehlee und machen uns anschliessend hungrig ueber das leckere Essen her. Feni faengt also nocheinmal an auf dem Markt einzukaufen und wieder zu kochen.
Um 5 Uhr steht sie mit dem frisch gekochten Essen hupend vor der Tuer. Sie packt den Reis aus und fordert uns auf zu essen. Typisch, ich nippe halb-schlafend an meinem Kaffee und ignoriere diesen Aktionismus am fruehen Morgen. Um 6 Uhr sind alle Fahrzeuge auf der Faehre und wir waeren startklar. Allerdings befindet sich da ein monstroeses Metallgebilde mitten im Hafenbecken. Durch den Sturm ist der Sand nachgerutscht und muss erst wieder rausgebaggert werden. Feni fragt, wie diese Maschine auf deutsch heisst und ich muss gestehen, dass ich keine Ahnung habe, dass so etwas existiert, geschweige denn wie man das nennt. Irgendwann ist die Durchfahrt frei und wir legen ab.
Die Fahrt dauert nicht viel laenger als eine Stunde; der Captain hatte recht, das Meer hat sich beruhigt. Bei Siann werden 2 Zimmer fuer uns vorbereitet, sie meint, wir koennen in ihrem Haus alles benutzen, ihr Haus ist unser Haus. Waere man nicht schon lange in Indonesien und haette sich schon an die Gastfreundschaft gewoehnt, waere man mal wieder ueberwaeltigt. Wir kommen an mit 6 Personen und alle Familienmitglieder (2 Kinder, Mutter, Oma, Opa) ziehen sich in ein einziges Zimmer zurueck, damit wir genug Platz haben.
Bei einer ersten Erkundungsfahrt ueber die Insel kommen wir zu einem weissen Strand mit schwarzen Felsen bei einem Leuchtturm. Haeuser gibt es hier keine und wir ueberlegen vielleicht hier spaeter zu campen. Ein paar Hundert Meter vom Bootsanleger entfert essen wir zu Mittag an einem weissen Strand. Dort treffen wir einen aelteren Mann, der Salz aus Meerwasser gewinnt und im Dorf verkauft. Er gibt Feni eine grosse Tuete als Geschenk mit. Oberhalb des Strands gibt es eine Villa, der Mann meint ein Zimmer darin sei zu vermieten. Wir wollen vielleicht spaeter nochmal wiederkommen. Schnell wird uns klar, dass die Straende hier allesamt weiss und von Korallenriffen umgeben sind, am Nachmittag entdecken wir einen Steg und Patrice und Agiel wollen angeln. Sima hat nun auch eine kleine Angel bekommen (sie will auch mit!) Und so ziehen sie zu viert los.
Am Abend meint Sianns Vater, wir muessten uns noch bei der Polizei registrieren. Dort lesen sie interessiert unsere Paesse und kontrollieren das Visum. Ansonsten gibt es wie immer Smalltalk. Die Polizeistation ist hier mit 3 Personen besetzt, aber nur montags. Die Inseln hier waren zu Kriegszeiten ein wichtiger Standort fuer die GAM-Rebellen.
Durch den Anbau von Marihuana hatten sie ihre Waffengeschaefte finanziert. Noch vor ein paar Jahren ging in Banda Aceh eine Lieferung mit 14 Tonnen (!) hoch. Seitdem wurde der Anbau so gut wie moeglich unterbunden, aber es heisst, im Dschungel gaebe es immer noch genug davon. Vielleicht ist das eine Erklaerung, warum die Einheimischen so wenig am Tourismus interessiert sind. Der Drogenhandel hat jedenfalls die laengere Tradition.
Nach dem Fruehstueck am naechsten Tag will Feni nach Banda Aceh zurueck, da sie dringend einen neuen Pass braucht. Ihre Mutter moechte ins Krankenhaus nach Malaysia, um ihre gelaehmte Hand behandeln zu lassen. Das Geld dafuer hat Feni von ihrem Arbeitgeber bekommen. Also packen auch wir alles zusammen und verabschieden uns von Siann und ihrer Familie. Wir fahren ueber die Insel vorbei an Reisfeldern bis zur anderen Seite. Dort entdecken wir den naechsten weissen Strand in einer Bucht ohne hohe Wellen und windgeschuetzt. Am Abend kommt Takim, ein Freund von Agiel mit 3 weiteren Angeln, um unser Abendessen zu sichern. Wir bauen also unser zerfetztes Quechua-Zelt auf und machen ein Feuer, um den gefangenen Fisch zu grillen.
Ein Mann auf einem Moped kommt vorbei und erzaehlt, dass hier heute Nacht vielleicht Schildkroeten auftauchen, um ihre Eier abzulegen. Wir sitzen am Lagerfeuer und geniessen die Stimmung. Es ist der 24. Dezember, an Weihnachten erinnert uns nur der stachlige Ast, den Agiel ins Feuer geworfen hat und der einen wohlbekannten Duft nach Weihrauch verbreitet. Spaeter ziehen wir mit unseren Taschenlampen los, um die Schildkroeten zu suchen -leider ohne Erfolg.
Am letzten Abend sitzen wir im Warung, das einzige was es zu essen gibt sind Instant-Nudeln mit Spiegelei. Eine Frau bringt uns von zuhause einen Topf mit Reis. Die Maenner, die hier sitzen, kommen gerade vom Reisfeld und trinken Kaffee. Ich frage, warum es hier keine Unterkuenfte gibt und ein Mann erzaehlt von den Haeusern der Tsunamihilfe, die leer stuenden. Es kuemmere sich einfach keiner darum, weil ja auch keine Touristen kaemen und die Leute schlecht erreichbar waeren. Wir erzaehlen, dass wir mit dem Auto aus Deutschland gekommen sind und die letzten 2 Monate eine Tour durch Sumatra gefahren sind. Der Mann nickt und meint: 'wo ist das, Sumatra?'
3 Tage bleiben wir am Strand, bis wir letztendlich nach etlichen Versuchen endlich den Mann treffen, der uns das Zimmer vermietet. Eine Bekannte von ihm hat ihm letztendlich ausgerichtet, dass wir am Strand campen und er kam daraufhin bei uns vorbeigefahren. Am Strand wurden uns leider einige Dinge gestohlen: Klamotten, die zum Trocknen draussen hingen und Nagelscheren aus Agiels Rucksack. Die Tauchmaske von Vasco ist auch verschwunden, was ein bisschen aegerlich ist, da sie nicht so leicht zu ersetzen ist. - Paradies mit Schattenseiten also, nichts desto trotz sind wir froh, hierhergekommen zu sein.
Silvester werden wir auf Pulau Weh verbringen, dort wimmelt es nur so von Touristen, Indonesier und Westler, was fuer ein Unterschied zu hier und das nur ein paar Kilometer weiter...
Jetzt wuenschen wir Euch allen ein gutes neues Jahr 2014 und wollen damit unseren Blog beenden. Am 14. Januar verlassen wir Indonesien fuers erste und Pingu bleibt alleine hier. Die letzten 4 Monate werden wir noch ein bisschen Urlaub machen...